Als Dieter Hochgesand überraschend die Seiten gewechselt hat, hat ihm Felix Mussil, der große Karikaturist seiner Zeitung, der Frankfurter Rundschau, zum Abschied was hübsch Hintergründiges gezeichnet: nämlich wie Dieter Hochgesand im Stadionbad vom Zehn-Meter-Brett ins kalte Wasser springt, lächelnd natürlich. Das war 1991, und es war der Moment, als der Journalist hd. rübermachte – von der Redaktionsstube in der Großen Eschenheimer in den Stadtwald, zur Stadion GmbH. Dort war er die letzten Jahre seines Berufslebens als Geschäftsführer tätig. Das Bild hängt hinter Glas heute noch in Hochgesands Büro in Tübingen, wo er seit vielen Jahren zu Hause ist.
1991 war das, wie gesagt, es war eine Zäsur für die Zeitung, aber auch für den Mann, der seit 1969 den FR-Sportteil geprägt hat wie kaum ein Zweiter, der eine andere Herangehensweise im Sport etabliert hat, weg von der 1:0-Berichterstatung, hin zur Suche nach der Geschichte hinter dem Ereignis. Er war es, der seinerzeit das Schreiben über Fußball veränderte, ja vielleicht sogar revolutionierte (Hochgesand-Foto: VFS).
Er hat den Sportjournalismus, er hat das Schreiben über Fußball seinerzeit auf eine höhere Ebene gestellt, hat soziologische Aspekte herausgearbeitet, sportwissenschaftliche, gesellschaftliche, psychologische. Und es war für ihn auch eine Abkehr des Immergleichen, von Stadion zu Stadion, im Herbst seiner Karriere suchte er, wie es heute heißt, noch einmal die Herausforderung, und fand sie auch. Er hatte Lust auf Neues, und ein bisschen blieb er ja in seinem Metier, selbst wenn es jetzt mehr um Organisatorisches ging.
Was also soll man noch schreiben über einen, der den Frankfurter Sport, speziell den Fußball, die Nationalmannschaft und Eintracht Frankfurt journalistisch so lange begleitet und geprägt hat? Dass er Franz Beckenbauer noch beim Einlauf im Waldstadion (mit Laufbahn) interviewt hat, mit „Grabi“ und „Holz“? Mit Gyula Lorant Zigarre geraucht und leidenschaftlich mit Dietrich Weise im „Café Hauptwache“ diskutiert hat? Dass er bei Welt- und Europameisterschaften in der ersten Reihe stand? Dass er Tennis und Golf spielte und ein charmanter Plauderer war und ist? Dass er Bücher geschrieben hat, darunter sogar ein bemerkenswertes über Frauenfußball („Früchte des Traums“) und kluge Kommentare sowieso?
Gerade im Frauenfußball hat er sich viele Meriten verdient, zu einer Zeit, da die Spielzeit noch zweimal 40 Minuten währte, ein Kaffee-Service als Preis für einen Europameistertitel ausgelobt war und generell Berichte über Kickerinnen die große Ausnahme waren? Er hat die Fußballerinnen der SG Praunheim trainiert, hat sie auf Augenhöhe mit dem FSV Frankfurt gehievt, hat Pionierarbeit geleistet. Aber eigentlich wissen das alle, die ein Stück des sehr erfolgreichen Weges gemeinsam mit Dieter Hochgesand gegangen sind. Und noch gehen werden.
Eine längere Fassung der Gratulation von Thomas Kilchenstein an Dieter Hochgesand finden Sie hier auf der Website des Vereins Frankfurter Sportpresse.