Nachruf auf Dieter Bracke

Eine Koryphäe mit Ecken und Kanten

19.04.2025

Der Verein Nordbayerischer Sportjournalisten trauert um seinen Ehrenvorsitzenden Dieter Bracke. Der unbestechliche Reporter starb im Alter von 84 Jahren.

 

Vor ein paar Wochen, bei unserem letzten Telefonat, war ich fest davon überzeugt, dass es ihm wieder besser geht. Da grantelte Dieter Bracke in seiner unverwechselbaren Art über den ein oder anderen Druckfehler in der Zeitung, über den „Club“ und über diverse Verwerfungen in Politik und Gesellschaft. Okay, wenn er sich aufregen kann – und ich konnte mir genau vorstellen, wie er dabei grimmig die Miene verzog – dann ist alles gut. Dann ist er in seinem Element. Leider ein Trugschluss.

Um das gleich mal klarzustellen: Dieter war nie jemandem wirklich böse. Er hat die Menschen gemocht, war immer fürsorglich und hilfsbereit. Doch Kritik zu üben, auf Missstände hinzuweisen, das war sein Job, seine Berufung. Ungerechtigkeit – egal, in welchen Bereichen – das brachte ihn auf die Palme. Dieter, eine Koryphäe seiner Zunft, hatte halt seine Ecken und Kanten (Logo: VNBS).

Fußball war sein Leben. Fast drei Jahrzehnte lang düste der langjährige Ressortleiter und Stellvertretende Chefredakteur der Nürnberger Zeitung um die Welt, immer dem runden Leder hinterher. Über die Olympischen Spiele 1972, fünf Welt- und sechs Europameisterschaften hat Dieter Bracke berichtet. Die großen Turniere haben ihn auf fast alle Kontinente geführt. Und das in Zeiten, als Journalisten mit der Nationalmannschaft unter einem Dach wohnten und abends an der Hotelbar mit dem Bundestrainer einen Plausch halten konnten. Kein Wunder also, dass ihm Jahrzehnte später noch Franz Beckenbauer auf die Schulter klopfte, Otto Rehhagel ihn umarmte oder Lothar Matthäus mit ihm schäkerte, wenn man sich bei irgendeinem Termin über den Weg gelaufen ist.

Das Zeitungsmachen faszinierte Dieter Bracke, in Breslau geboren und in Oberfranken aufgewachsen, seit jeher. Erst absolvierte er eine Schriftsetzerlehre, dann volontierte er bei der Oberfränkischen Volkszeitung in Hof. Es folgten fünf Jahre in der Lokalredaktion der Frankenpost, ehe der begeisterte Hobbyfußballer Ende der 1960er-Jahre zur NZ nach Nürnberg wechselte.

Fußball als große Leidenschaft: Auch im (Un-)Ruhestand pilgerte Dieter Bracke viele Jahre lang noch ins Stadion

Mit konstruktiver Kritik und bissigen Kommentaren hat der kompetente, manchmal streitbare, aber nie unversöhnliche Beobachter die Entwicklung im fränkischen Sport bewertet. Auch im (Un-)Ruhestand pilgerte Dieter Bracke viele Jahre lang noch ins Stadion. Zuletzt immer häufiger aber auch zu den Plätzen der Amateure. Bis vor fünf Jahren unterstützte er „seine“ NZ-Sportredaktion als freier Mitarbeiter.

Dieter Bracke, dessen Stimme viele Jahre ebenfalls beim Lokalsender Radio F als Fußballreporter zu hören war, engagierte sich auch in der Verbandsarbeit seiner Zunft. Zwölf Jahre lang arbeitete er im Präsidium des VDS mit, fungierte bei Fußball-Weltmeisterschaften als Verbindungsmann zwischen Kollegen und DFB. Rekordverdächtige 34 Jahre lang – von 1974 bis 2008 – führte er den nordbayerischen Regionalverein VNBS. In seiner Heimatstadt Stein saß er in jüngeren Jahren für die SPD im Stadtrat.

Seit einem Jahr gesundheitlich stark angeschlagen, hatte er seinen 85. Geburtstag im Mai und ein paar Monate später den 60. Hochzeitstag mit seiner Frau Brigitte fest im Visier. Doch am 11. April ist er sanft entschlafen. Die Trauerfeier findet im engsten Kreis statt. Für uns wird Dieter unvergessen bleiben, auch wenn wir seine bärbeißige Stimme nicht mehr hören können.

Harald Büttner