Als ich Gerd, mit dem ich die ersten 20 Jahre meines Berufslebens verbracht hatte, am 8. Juli zu seinem, wie wir heute wissen, letzten Geburtstag gratulierte, war er trotz zunehmender körperlicher Einschränkungen unverdrossen guter Dinge, auch die 105 zu schaffen – verbunden mit der Hoffnung, die Fußball-WM 2026 noch zu erleben. Bezeichnend für seine lebensbejahende Art war seine Reaktion auf die dramatisch nachlassende Sehkraft, die ihm das Fernsehen kaum noch ermöglichte. Seine Tochter Brigitte, die ihn in seiner Berliner Wohnung seit Jahren umsorgt hatte, erzählte mir, wie er ihre Sorgen mit dem Hinweis zerstreute, früher hätte man doch auch nur Radio gehört.
So schloss sich gewissermaßen ein Kreis. War der Hörfunk doch Gerds erste journalistische Station. Geboren 1921, verschlug es den Thüringer nach dem Krieg von Weimar nach Bremen. Dort nahm er, daran erinnerte er sich bis zuletzt gerne, auf seinem Motorroller regelmäßig zur Arbeitsstelle einen gewissen Hans Last mit, der damals Mitglied des Rundfunkorchesters war und später als James Last eine Weltkarriere startete.
1952 folgte Gerd Hahn dann dem Ruf der sechs Jahre zuvor gegründeten Neuen Ruhr/Rhein-Zeitung, die in den 1960er- und 1970er-Jahren unter dem legendären Chefredakteur Jens Feddersen zu den größten und anerkanntesten Regionalzeitungen der Bundesrepublik zählte. In der NRZ-Sportredaktion, der er bis zu seiner Pensionierung treu blieb, kümmerte er sich vor allem um den FC Schalke 04, der zu seinem Herzensklub wurde. Eng verbunden ist Gerd Hahns Reporter-Laufbahn aber auch mit den großen Zeiten der Essener Lokalrivalen, über deren größte Erfolge – die Meisterschaft von Rot-Weiss 1955 und der Pokalsieg der Schwarz-Weißen 1959 – er für die NRZ vor Ort war.
Seine Leidenschaft galt aber nicht nur dem Fußball. Als Jugendlicher spielte er in seiner Heimatstadt Weimar erfolgreich Tischtennis, später ging er diesem Hobby auch in Essen und Düsseldorf nach. Aus journalistischer Sicht habe ich ihn immer darum beneidet, dass er 1960 bei den Olympischen Sommerspielen in Rom Legenden wie Wilma Rudolph, Armin Harry und Cassius Clay live erleben durfte.
Bis ins hohe Alter fühlte sich Gerd Hahn dem Sportjournalismus verbunden. Er hat sich stets dankbar gezeigt für das, was ihm seine Leidenschaft für den Sport gegeben hat. Besonderen Ausdruck fand dies in einer großzügigen Schenkung an den Verband Westdeutscher Sportjournalisten, die er aus Anlass seines 100. Geburtstags zugunsten in Not geratener Kollegen gemacht hat. Eine Geste, die VWS-Geschäftsführer Klaus Göntzsche als „einmalig“ bewertet.
Reinhard Schüssler