Der VMS trauert

Zum Tode von Wolfgang Gärner – „Immer fair und professionell“

21.10.2025

Über 3000 Artikel hat Wolfgang Gärner für die Süddeutsche Zeitung geschrieben. Ski- und Kufendisziplinen waren sein Hauptmetier, doch auch in Leichtathletik und Fußball kannte er sich aus. Mit 78 Jahren ist der „Wolfi“ nun verstorben.

 

In Garmisch-Partenkirchen zu Hause zu sein kann man generell empfehlen, besonders praktisch ist es aber für einen Ski- und Eishockeyreporter der Süddeutschen Zeitung. Im Olympia-Eissport-Zentrum hinterm Bahnhof hat der SC Riessersee seine bewegte Geschichte durchlebt, und die berühmteste deutsche Skifahrerfamilie wohnt ebenfalls gleich um die Ecke. Ungefähr zweimal die Woche sei Wolfgang Gärner bei ihnen am Garten vorbeigeradelt, erinnerte sich Christian Neureuther, 76, Anfang der Woche und übermittelte auch eine Reminiszenz seines Sohnes Felix: Den „Wolfi“, den hätten die Skirennfahrer als Berichterstatter immer sehr gerne gehabt (Gärner-Foto: privat).

Wobei man sich nicht in erster Linie am Garmischer Gartenzaun traf, sondern an den Pisten in Kitzbühel oder Val-d’Isère, in Salt Lake City oder Nagano. Fast 25 Jahre lang hat Wolfgang Gärner für den Sportteil der SZ geschrieben, von 1985 bis zu seinem Abschied in den Ruhestand nach den Winterspielen 2010 in Vancouver. Es war die große Zeit des deutschen Skifahrens: mit Erfolgen von Katja Seizinger und Markus Wasmeier, später von Maria Riesch und dem jungen Felix Neureuther. Mit dem Wolfi waren sie alle per Du, was aber nicht heißt, dass es inhaltlich nicht hart zur Sache ging. Im Zielhang, in den Gesprächen mit den Reportern, aus deren Pulk Gärner schon wegen seiner 1,90 Meter Körperlänge herausragte. Oder am Abend im Quartier. „Den Wolfi haben alle immer gerne an sich herangelassen“, sagt Christian Neureuther. „Immer fair und professionell.“

In die Redaktion nach München waren es von Garmisch aus immerhin 90 Kilometer, das Homeoffice war längst nicht erfunden. Was Gärner nicht davon abhielt, sich regelmäßig für den Abenddienst und die dazugehörige Zahlen- und Tabellenpflege zu melden. „Hilft ja nix“, lautete dann einer seiner Sinnsprüche. Ein weiterer, wenn sich die Kollegen mal wieder über Thesen und Prognosen den Kopf zerbrachen: „Lass’ mer’s erst amoi spieln.“ Eine zeitlose Mahnung, nicht immer schon vor dem Wettkampf erklären zu wollen, wer wie warum gewinnen wird. Sondern hinterher zu urteilen. Wenn klar ist, wie’s ausgegangen ist.

Die Gärner-Weisheit schlechthin aber lautete: „Schreib’n kannst immer was.“ Woraus keineswegs ein Hang zu Beliebigkeit sprach, sondern Empathie fürs Berichtsobjekt. Mehr als 3000 Artikel hat Wolfgang Gärner für die SZ verfasst, nachdem der damalige Sportchef Michael Gernandt den Kollegen 1985 vom Münchner Merkur abgeworben hatte. Beileibe nicht nur über Ski- und Kufendisziplinen. Gärner reportierte auch von Leichtathletik-Weltmeisterschaften und kannte sich bestens im Fußball aus. Am 18. Oktober ist er an den Folgen einer Operation gestorben. Er wurde 78 Jahre alt und hinterlässt seine Frau, seine Tochter und zwei geliebte Enkelkinder. Der Sportredaktion seiner Süddeutschen hinterlässt er weit mehr als seinen berühmtesten Sinnspruch, aber doch auch diesen: „Schreib’n kannst immer was.“

Eine längere Fassung des Nachrufs von Claudio Catuogno auf Wolfgang Gärner finden Sie hier auf der Website der Süddeutschen Zeitung. Wir danken den Kolleg:innen dafür, den Text nutzen zu dürfen.