„Verlust der aktuellen Berichterstattung wiegt sehr schwer“

Interview mit FAZ-Sportchef Anno Hecker IV

17.11.2021 Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung erscheint nun samstags. Im letzten Teil des vierteiligen sportjournalist-Interviews erklärt FAZ-Sportchef Anno Hecker, welche Auswirkungen dies auf die Arbeit der Sportredaktion hat.
 
Seit Mai 1991 gehört Anno Hecker der Sportredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an (Foto: FAZ). Im Juli 2012 übernahm der 57-Jährige die Leitung des Ressorts. Zu Heckers inhaltlichen Schwerpunkten zählen Formel 1, Doping, Sportpolitik, Wintersport und Basketball. Der gebürtige Kölner ist Mitglied des Vereins Frankfurter Sportpresse. Im ersten Teil des vierteiligen Interviews ging es um Heckers vielfältige Erfahrungen bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio. Der zweite Teil widmete sich den Tücken der medialen Kommunikation in Zeiten der Corona-Pandemie. Um die Herausforderungen bei den Winterspielen in Peking und der Fußball-WM in Katar kommendes Jahr drehte sich der dritte Teil.
 
sportjournalist: Herr Hecker, die Sonntagszeitung FAS liegt nun am Samstag vor. Was steckt dahinter? Vertriebstechnische Gründe?

Anno Hecker: Seit 4. Juni gibt es keine Aktualisierung der Sonntagszeitung mehr. Freitag, 15:30, wird abgeschlossen und dann gedruckt. Der Grund: Sehr, sehr hohe Vertriebskosten am Sonntag.  Eine einzelne Zeitung kostet an bestimmten Orten in Deutschland viel mehr als der Verlag durch ihren Verkauf einnehmen kann. Durch die Umstellung erreichen wir zudem mehr potenzielle Kunden im Einzelverkauf. Sonntags nur über die Tankstellen. Samstag kommen die Kioske, Supermärkte usw. dazu.

sj: Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit und die Ihrer Redaktion aus?

Hecker: Der Verlust der aktuellen Berichterstattung wiegt sehr schwer. Natürlich tut’s weh, wenn man am Sonntag das Spiel der Bayern gegen Dortmund vom Vortag nicht im Blatt hat, sehr weh. Immerhin gibt es über einen QR-Code im Blatt alles, was wir freitags und samstags aktuell etwa von der Fußball-Bundesliga schreiben schnell zu lesen. Wir hören ja wegen der Andruckvorverlagerung auf Freitag nicht auf, zu arbeiten. Die Umstellung erfordert dass wir anders denken, anders strukturieren. Das macht die Arbeit während der Woche noch anspruchsvoller, da die Redaktion gleichzeitig die tägliche Tageszeitung, die Rhein-Main-Ausgabe und den Netzauftritt füllen muss.

sj: Muss man die FAS fortan als eine Art Magazin betrachten?

Hecker: Ja. Andere liefern auch ein Magazin – nur eben an einem anderen Wochentag. Wir für das Wochenende. Der Sportteil ist entsprechend umgebaut worden und wird sich noch weiterentwickeln. Wir wollen relevante, interessante, überraschende, exklusive Geschichten anbieten. Dass ist uns auch schon gelungen. Ja, das Bayern-Spiel fehlt. Aber Sportjournalismus ist mehr als die Abbildung dessen, was gestern war. Ich behaupte, dass ein Sportteil auch ohne Wettkampfberichterstattung sehr aktuell sein kann. Es ist aber kein leichtes Spiel, das zu beweisen (Foto: sampics Photographie/augenklick).

sj: Werden beide Zeitungen künftig am Samstag nebeneinander liegen?
 
Hecker: Ja, das ist teilweise schon so. Sie bekommen sieben Seiten Sport am Samstag – aber keine Doubletten. Das Flick-Interview in der FAS lesen Sie nicht zusammengefasst auch in der Samstagsausgabe. Dafür muss die Redaktion aber noch akribischerer und vorausschauender planen. Wir werden immer wieder die wichtigsten Themen in beiden Ausgaben beleuchten, nehmen wir zum Beispiel die Bundestrainer-Problematik oder den Machtkampf im DFB, aber aus verschiedenen Perspektiven. Es ist klar, dass nicht ein Kollege oder eine Kollegin umfassende Stücke für die Tages- und die Sonntagszeitung schreiben oder umsetzen kann. Dafür brauchen wir viel Teamwork.

Mit Anno Hecker sprach Frank Schneller