Kolumne „Ansichtssache“

Christoph Kramers Romandebüt ist mal so, mal so

17.07.2025

Ex-Profi Christoph Kramer ist nicht nur TV-Experte, sondern mittlerweile auch erfolgreicher Roman-Autor. sportjournalist.de-Kolumnist Wolfgang Uhrig entdeckt in dessen Erstling „Das Leben fing im Sommer an“ jede Menge Details und bilanziert: „Es zieht sich“.

 

Die beste Nachricht ganz zum Schluss: „Celina und ich haben geheiratet.“ Mit diesem Satz überrascht der Autor Christoph Kramer auf dem allerletzten Blatt seines Buches. Für den Leser ist das die Erinnerung an eine Barfrau, der man auf Seite 211 begegnet war, und die der Autor in der Fortsetzung des Romans dann völlig aus den Augen verloren hat.

Das Schriftsteller-Debüt des ehemaligen Mönchengladbacher Profis ist ein Beziehungs- und kein Fußballroman. Unter der Überschrift „Das Leben fing im Sommer an“ geht es in einer Biografie auf 200 Seiten allein um vier Tage und Nächte, die „mein Leben verändern und mir meinen größten Traum erfüllen“. Kramer meint damit nicht die Fußball-Weltmeisterschaft 2014, sondern seine Zeit mit Debbie, für ihn das „schönste Mädchen der Welt“ – tja, bis er Celina traf (Buchcover-Abbildung: Kiepenheuer & Witsch).

Kramer führt den Leser in das Zuhause, den Bauernhof am Rande der Heimatstadt Solingen. Mit ihm erlebt man bunte Jahre ab 15, tropische Sommer, viel Sonne, fetzige Musik, heiße Partys. Zwischendrin als Wermutstropfen der erzwungene Abschied aus dem Jugendzentrum von Bayer Leverkusen, Kramer glaubt nicht mehr an seine Karriere im Profi-Fußball. Zum Trost die Fortsetzung einer Lovestory. Mit dem ersten großen Herzflattern, dem ersten großen Kuss, der ersten großen Liebe, dem ersten großen Schmerz. Jede Menge Details, es zieht sich. 

Erst gegen Ende wird es spannender. Seine Liebe Debbie beim Fremdgehen erwischt, das tiefe Leiden, ein gestohlenes Auto, ohne Führerschein ein verwegener Ausflug in das Nachtleben von Düsseldorf. Hier trifft er an der Bar die „schöne Celina“, am Ende ist sie dann Kramers Ehefrau: für den Autor die Erfüllung eines Traums – wie im wirklichen Leben. In der SPIEGEL-Bestenliste ist Kramer vertreten, am Anfang war er sogar Tabellenführer.

Dieses Interesse mag wohl auch daran liegen, dass Kramer vielen Käufern durch sein Auftreten in der Öffentlichkeit als ein überaus sympathischer Sportsmann bekannt ist. Das etwas nüchternere Urteil zum Debüt als Schriftsteller könnte man vielleicht mit seinen Auftritten in der deutschen Nationalmannschaft vergleichen: mal so, mal so. Um in der Analyse an die „Fußballer-Sprech“ zu erinnern: Als Perspektivschreiber hat Christoph Kramer noch etwas Luft nach oben. Sein zweites Buch ist angeblich schon in Arbeit.

Christoph Kramer
„Das Leben fing im Sommer an“
Kiepenheuer & Witsch, März 2025
gebundene Ausgabe, 256 Seiten
ISBN-10: 346200798X / ISBN-13: 978-3462007985
23,00 Euro

Die Kolumne „Ansichtssache“ schreibt Wolfgang Uhrig für den Verein Münchner Sportjournalisten. Wir danken dem Autoren und den VMS-Kolleg:innen dafür, den Text nutzen zu dürfen.