Ende Gelände. Aus die Maus. Fußball-Bundesliga-Saison ist finito. Wir haben alle Tränen gesehen, die Platzstürme bewundert, Autokorsi genossen, Rathausbalkone geentert, Trainer gefeuert, Spieler transferiert, Dauerkarten nicht erhalten. Wir haben den Dino gefeiert, den Geißbock Hennes IX. und den "Dorfico" in der Relegation. Und wir haben den Müller Thomas rauf und runter verabschiedet, den Lausbub, die Bayern-Legende. Und jetzt ist dann auch mal gut mit Fußball.
Bis zur Nations League. Erst Frauen, dann Männer. Und dann ist ja die Klub-WM.
Braucht die auch noch wer? Ja, Bayern München und Borussia Dortmund beispielsweise, die daran teilnehmen dürfen und sich die Vereinskonten mit garantierten, hohen zweistelligen Millionenbeträgen füllen. "Mehr, mehr, mehr", ruft der kleine Hävelmann. Lass ihn rufen, er hat ja recht. Mehr, mehr, mehr – Fußball. Noch während der Klub-WM startet übrigens: Die EM der Frauen. (Foto Hardt: privat)
Dass andere Sportarten leiden unter der Monokultur der modernen Fußlümmelei, auch in den Medien, ist diverse Male thematisiert worden. Machen wir hier also nicht mehr.
Mit Ende der Saison, nach dem DFB-Pokalfinaltag, wurde im NDR-Fernsehen der "Sportclub" eingestellt. Nach 51 Jahren. Man habe auch immer die ganze Breite des Sports zeigen wollen, erklärte der finale Moderator Martin Roschitz. Hat man auch, guckte nur kaum jemand zu. Das ließ sich durch die Einschaltzahlen belegen. Und wie konsequent der "bunte Sport" deshalb umgangen wurde, sah man auch daran, dass der "Sportclub" außerhalb der Bundesligasaison ohnehin nicht lief. Warum eigentlich heißt das "Aktuelle Sportstudio" nicht "Fußballstudio". Und was ist daran aktuell, Samstag ab 23.00 Uhr?
Wie auch immer. Dieser Zug ist längst abgefahren. Die "ZDF-Sportreportage" gibt es ja auch nicht mehr, ebensowenig den "Sport-Spiegel", im RBB wurde der "Sportplatz" 2017 geschlossen, im WDR der "Sport im Westen" bereits 2007 zunächst durch "sport inside" ersetzt, und so fort. Aber all dem nostalgisch nachzuhängen wäre gestrig. Und entspricht auch nicht der heutigen Mediennutzung. Smartphones und Internet haben bei Menschen unter 40 längst das Fernsehen als Hauptmedium abgelöst. Also begründet der NDR die Einstellung des "Sportclubs" auch damit, neue digitale Formate zu entwickeln und veränderte Ausspielwege für die redaktionellen Inhalte zu kreieren.
Dann ist es eben so. Aber auch da werden wir hinschauen, wie denn der "andere" Sport präsentiert wird. Welche Karteireiter gibt es? Wie einfach finden sich "bunte" Sportarten? Auf der NDR-Seite sehen wir Fußball, Handball und "Mehr Sport", wo dann der gesamte Rest zusammengekehrt ist. Bei Hamburgs größter Tageszeitung gibt es auf der Einstiegsseite im Internet nur Reiter für den HSV und den FC St. Pauli. Jede andere Sportberichterstattung ist gut versteckt in den Tiefen des Netzes. Bei der Handy-App immerhin finden sich sonstige Sportarten unter "Mein Verein". Nun ja.
Und nochmal: Die Verantwortlichen in Verlagshäusern, bei Contentanbietern und Medienanstalten treffen diese Entscheidungen ja wahrscheinlich nicht aus einer Laune heraus. Sondern doch (hoffentlich) gestützt auf empirische Daten. Heißt: Wären wir alle treue Anhänger des Boßelsports, dann würde dieses Interesse bedient. Im Netz und auch im analogen Fernsehen, live aus Eiderstedt. Weltkonzerne stiegen als Werbepartner und Sponsoren ein. So ist es aber nicht.
Stattdessen ist Fußball.
Und da fragt sich der Außenstehende nun in der Konsequenz dieser Erkenntnis dann doch: Warum bitte sehr bewerben sich Berlin, München, Hamburg und Rhein-Ruhr um die Austragung Olympischer Spiele? Ja, weil es das internationale Image verbessert, Geld in die Region fließt, unbezahlbare Werbung ist und eine Chance ist, die Infrastruktur zu verbessern. So weit die rationalen Gründe des DOSB und der Politiker und Wirtschaftsmenschen vor Ort. Aber: Wie sieht es bei der nachhaltigen Unterstützung der Bevölkerung aus? Berlin will auf eine Bürgerbefragung dieses Mal verzichten, sicherlich aus Gründen.
Und wann spielt eigentlich der FC Bayern endlich bei der Klub-WM?
Andreas Hardt, vormals Redakteur bei SID und dapd, arbeitet als freier Journalist von Hamburg aus. Er schreibt die Kolumne "Hardt und herzlich" für den monatlichen Newsletter des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Hier gelangen Sie zu Hardts Xing-Profil.