Kolumne "Hardt und herzlich"

Gelärme, Geschrei, Gebrülle

01.10.2025

Unser Kolumnist Andreas Hardt beklagt die Verrohung der Sitten beim Ryder Cup und sorgt sich um die Zukunft.

 

Es war ja am letzten September-Wochenende nur versteckt bei Sky so richtig zu verfolgen. Hinter der Abo-Schranke also: Der Ryder Cup. Der traditionelle Kontinental-Vergleich zwischen den besten Golfern der USA und jenen Europas auf Long Island in New York. Sky hatte sich da sehr ins Zeug gelegt, übertrug alle drei Tage die volle Strecke live. Ein in jeder Beziehung sporthistorisches Ereignis.

Und das nicht nur wegen des unglaublichen und sensationellen Erfolges des europäischen Teams gegen die in der Weltrangliste im Durchschnitt deutlich besser platzierten Gastgeber. Sondern vor allem wegen der Umstände, die auch die niedrigsten Erwartungen an die US-Fans noch einmal unterschritten.

Pöbeleien gegen die europäischen Spieler, persönliche Beleidigungen, Unverschämtheiten gegen die Spielerfrauen, Störungen in der Konzentrationsphase, Gelärme, Geschrei und immer wieder "U-S-A, U-S-A"-Gebrülle: Da war es kein Wunder, dass der andauernd attackierte Rory McIlroy auch mal den Mittelfinger ins Publikum hielt und Shane McLowry von seinem Caddy zurückgehalten werden musste, damit er nicht einen "Fan" attackierte. (Foto Andreas Hardt: privat)

Fairplay, Anfeuern der eigenen Spieler, aber Respekt vor den Leistungen des Gegners – all das gab es nicht. Stattdessen Spaltung, Herabwürdigung, Verächtlichmachung bis hin zum Hass. Die amerikanischen Zuschauer verhielten sich in großen Teilen genau so, wie es ihr Präsident vorlebt und vorgibt.

Golffan Trump war am Freitag als erster US-Präsident bei dem Ereignis selbst zur Stelle, ließ es sich nicht nehmen, das US-Team, insbesondere seinen millionenschweren Golfkumpel Bryson DeChambeau, persönlich zu begrüßen. US-Nationalhymne und Überflug von irgendwelchen Kriegsmaschinen inklusive. Das alles war eine abstoßende Inszenierung von Nationalismus, die natürlich das Benehmen vieler Zuschauer befeuerte. Wenn MAGA-Jünger zum Sport gehen, kann einfach nichts Gutes dabei herauskommen.

Angesichts der Ereignisse beim Ryder Cup muss man also mit noch größerer Sorge auf die Fußball-WM 2026 und die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028 blicken. Und zwar nicht nur in Bezug auf das Verhalten der amerikanischen Fans. Schon hat Trump angedeutet, gerne Spielorte "aus Sicherheitsgründen" wechseln zu wollen. Liberal regierte Metropolen wie New York City, San Francisco, Los Angeles oder Seattle sind ihm schließlich zuwider. Jemand, der die Armee oder Nationalgarde gegen die eigenen Bürger dort einsetzen möchte, der kennt keinerlei Skrupel im Durchsetzen seiner autoritären Allmacht-Wünsche.

Man darf gespannt sein, wie sich diese Diskussion entwickelt. Welche Einschränkungen Städte und ausländische Besucher erwarten. FIFA-Präsident Gianni Infantino könnte ein klares Machtwort sprechen. Aber das ist nicht zu erwarten, der Schweizer ist best Buddy mit Trump, ebenso mit anderen autoritären Staatslenkern. Er führt seinen Laden schließlich ähnlich.

Und was bedeutet das alles für Fans und uns, die wir zu Olympia oder der WM doch in die USA reisen wollen? Manche Kollegen, die viel in den Staaten zu tun haben, haben bereits private WhatsApp-Nachrichten gelöscht, in denen sie sich kritisch zu Trump und seiner Clique geäußert haben. Sicher ist sicher, um die Einreise nicht zu gefährden.

Die Schere im Kopf könnte nötig werden in diesem Land, dessen Mächtige sich immer mehr von der Demokratie abwenden. Da sind wir inzwischen. Die WM und Olympia sind noch etwas hin, natürlich. Aber es ist zu befürchten, dass es dort mindestens unschön wird. Und somit ganz anders, als man es bei der Vergabe beider Großereignisse an die USA noch erwartete.

Nicht nur der Ryder Cup war ein brutaler Ausblick auf die Stimmung im "Land der Freien und der Heimat der Tapferen".

 

Andreas Hardt, vormals Redakteur bei SID und dapd, arbeitet als freier Journalist von Hamburg aus. Er schreibt die Kolumne "Hardt und herzlich" für den monatlichen Newsletter des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Hier gelangen Sie zu Hardts Xing-Profil.