Seit Ende Juni ist Thomas Bach also Geschichte. Als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Nach zwölf Jahren an der Spitze der größten Sportbewegung, die unter seiner Ägide zu einer Milliarden Dollar generierenden Geldmaschine geworden ist.
7,6 Milliarden Dollar nahm das IOC in der Abrechnungsperiode 2017 bis 2021 ein, von denen laut offizieller Mitteilung 90 Prozent in den Sport flossen. An Verbände, Infrastruktur, Athleten, Organisationskomitees für die Spiele und so fort. Zehn Prozent verbleiben beim "Mutterkonzern". Wie, wofür und für wen, das ist leider nicht so einfach einzusehen. Aber bestimmt geht alles mit rechten Dingen zu.
Für den Zeitraum 2012 bis 2016, also während des Starts von Bachs Präsidentschaft 2013, gibt das IOC 5,5 Milliarden Dollar Einnahmen an. 2001 bis 2004 waren es nur drei Milliarden. Alles richtig gemacht, also. Die Ehrenpräsidentschaft war da doch ein Selbstläufer. Und wenn man die vom IOC Ende März veröffentlichten Huldigungen von nicht weniger als 20 internationalen Spitzenfunktionären und Mitstreitern in Bachs Olympischem Geist liest, fühlt man sich an einen Parteitag in Nordkorea erinnert oder eine Kabinettssitzung unter Donald Trump. (Foto Hardt: privat)
Über den Weg des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) blickte Ende Juni dessen ehemaliger Vorstandsvorsitzender Michael Vesper in "einem persönlichen Brief auf gemeinsame Jahre und eine bis heute tragende Freundschaft zurück". Das kann er privat gerne tun – gute Freunde, das sang schon Franz Beckenbauer, kann schließlich niemand trennen. Aber warum musste es diese öffentliche Schleimspur und Heldenverehrung sein?
Denn natürlich ist Thomas Bach kein heiliger Gott auf dem Olymp. Sondern eher ein opportunistischer Machtmensch, der Allianzen schmiedet, wie sie für ihn nützlich sind. Die fehlende, durchgreifende Distanzierung von Russland und dessen kriegsverbrecherischem Präsidenten Wladimir Putin, weder bei der Staatsdopingaffäre noch beim Überfall auf die Ukraine seit 2014, steht in der Kritik.
Schlimm auch sein Anbiedern an die chinesische Führung im Zusammenhang mit der verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai. 2022 ließ sich Bach von der Staatsführung instrumentalisieren, um das vermeintliche Wohlergehen der systemkritischen Sportlerin zu beweisen. Bei den Korruptionsermittlungen gegen den Sportfunktionär Patrick Hickey 2016 weigerte sich Bach, eine Zeugenaussage bei der brasilianischen Polizei zu machen. Sein fürstlich honorierter Beratervertrag von 2008 mit dem Siemenskonzern für Lobbyarbeit im arabischen Raum hat auch ein Geschmäckle.
Aber hey, das ist ein Mensch, und Menschen machen auch Fehler. Also. Seien wir nicht ungerecht. Und es gibt natürlich über die Mehrung des Wohlstandes hinaus Leistungen, die für das IOC beim Weg in die Zukunft wichtig und richtig waren. "Die olympische Welt ist nicht perfekt, aber es ist schwer vorstellbar, dass ein anderer Präsident das besser gemacht hätte", urteilte der Sportwissenschaftler Wolfgang Menning: "Deshalb denke ich, dass wir zufrieden sein können mit der Bilanz von Thomas Bach."
Dann bitte, und es ist ja nur ein subjektives Empfinden gegenüber dem ehemaligen Fecht-Olympiasieger, den ich auch nur sehr selten persönlich getroffen habe: Ich mag ihn einfach nicht. Das ist dann wohl mein Problem.
Andreas Hardt, vormals Redakteur bei SID und dapd, arbeitet als freier Journalist von Hamburg aus. Er schreibt die Kolumne "Hardt und herzlich" für den monatlichen Newsletter des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Hier gelangen Sie zu Hardts Xing-Profil.