"Global Head of Soccer". Oberboss für Fußball weltweit – oder so ähnlich. Das ist nicht die aktuelle Jobbeschreibung von Gianni Infantino (auch wenn er sich so sieht), sondern ab 1. Januar die von Jürgen Klopp beim multinational tätigen Red-Bull-Konzern. Nach Mainz, Dortmund, Liverpool nun der Globus, was für Stationen! Und wir hören in unserem Kopf schon Ingo Insterburg singen: "Doch dann wurde es mir auf der Welt zu klein, drum zog ich in den Himmel rein."
Und gleichzeitig schreit in uns die Frage: WARUM??? Kloppo, WARUM???
Weil, Geld, das kann es doch nicht sein. Eigentlich. Da sollte doch etwas übriggeblieben sein nach Mainz, Dortmund und Liverpool. Und die Arbeit dort als Fußballlehrer hat ja nur einen Teil seiner Einnahmen in den vergangenen Jahren ausgemacht. Klopp ist auch als glänzender Vermarkter seiner selbst auffällig geworden. Kein Tag im Werbefernsehen, an dem er uns nicht mit irgendwelchen Verbrauchertipps heimsucht.
Schätzungen über die Vergütung für seine Leistungen als Markenbotschafter können nur annähernd sein. Von 26 Millionen Euro war schon einmal zu lesen. Siebeneinhalb Millionen pro Jahr nahm "France Football" bereits vor drei Jahren an. Wir wissen es nicht, das ist auch richtig so. Obwohl… egal, Hauptsache das Finanzamt weiß es. (Hardt-Foto: privat)
Autohersteller, Bier, Schokoriegel, Finanzberatung, Versicherung, Fitnessgeräte, Plastikdübel, Preisvergleiche, Pflegeprodukte, Banken – Klopp hat eine breite Produktpalette durch. Man kann es nicht mehr sehen. Und dabei läuft es immer auf die gleiche Masche. Bodenständig, ehrlich, skandalfrei, "The Normal One" eben. Dem kannst du vertrauen.
Immerhin, das muss man sagen: Für diese zahlreichen Online-Wettanbieter, die Hunderttausende in Sucht und Ruin getrieben haben, hat er sein Gesicht nicht hingehalten.
Aber nun Red Bull! Letztlich ist das auch ein Werbestunt. Der Brausehersteller aus Salzburg, der zu Recht vor allem in Deutschland massive Akzeptanzprobleme durch seine kreative Verbiegung der DFL-Regularien hat, lässt jetzt also seine weltweiten Fußball-Aktivitäten von "Kloppo" planen, "dem Normalen". Ich glaub, es hackt! Das macht es nicht besser, das macht es schlimmer. "Wieviel hat RB gezahlt, damit jemand bereit war, seine gesamte Reputation zu zerstören?", war irgendwo zu lesen.
Denn all dem Werbe-Overkill zum Trotz hatte es Klopp geschafft, als ein Vertreter von Fußballtradition zu gelten. Was auch Quatsch ist, in Dortmund arbeitete er für eine AG und in Liverpool für den US-amerikanischen Sportvermarktungskonzern Fenway Sports Group, dem der Klub gehört. Da haben wir nur nie so genau nachgefragt, weil Liverpool, das ist Geschichte, Identifikation, Anfield und "You'll Never Walk Alone". Projektionsfläche unseres Wunsches nach Fußballromantik.
Das wird RasenBallsport Leipzig nie werden. Auch nicht mit Jürgen Klopp. Und Bayer Leverkusen nicht und der VfL Wolfsburg. Dessen Mutterkonzern gerade in massiven finanziellen Problemen steckt und über die Schließung von drei Werken sowie die Streichung von 30.000 Stellen nachdenkt. Aber die jährlich zwischen 70 bis 80 Millionen Euro für den Unterhalt der äußerst langweiligen Werksfußballer sind wohl noch nicht in Gefahr. Was für ein Pech für VW, dass Jürgen Klopp nicht mehr auf dem Markt ist, dieses entstehende Image-Problem gewohnt sympathisch wegzumoderieren.
Andreas Hardt, vormals Redakteur bei SID und dapd, arbeitet als freier Journalist von Hamburg aus. Er schreibt die Kolumne "Hardt und herzlich" für den monatlichen Newsletter des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Hier gelangen Sie zu Hardts Xing-Profil.