NOKs und DSB

DOSB initiiert kritische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit

27.01.2025

Der Deutsche Olympische Sportbund stellt sich seiner Verantwortung. In einem rechtssicheren Verfahren soll die NS-Vergangenheit aufgearbeitet werden.

 

Vor 80 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit. „Zur Erinnerungskultur gehört die Aufarbeitung der eigenen Verantwortung, auch im Sport“, ließ der seit Mai 2006 bestehende Deutsche Olympische Sportbund am Montag verlauten. Dazu zählen ausdrücklich auch dessen Vorgänger-Organisation Nationale Olympische Komitees (BRD und DDR) sowie der Deutsche Sportbund.

Gemeinsam mit den Sporthistoriker*innen Dr. Jutta Braun (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam) und Dr. Berno Bahro (Department für Sport- und Gesundheitswissenschaft der Universität Potsdam) sollen formale NS-Belastung (NSDAP-Mitgliedschaften) und materielle Belastungen, die sich aus der Verstrickung in der Diktatur ergeben, aufgearbeitet und 2026 in einer Monografie publiziert werden. Beide Wissenschaftler*innen sind seit Langem mit der Geschichte und Vermittlung der Gesellschaftsgeschichte des Sports in Diktaturen befasst (Logo: DOSB).

Während der NS-Zeit gab es in massiver Zahl „Arisierungs“- und andere Verfolgungsmaßnahmen gegen jüdische Mitbürger*innen. Im Fokus stehen Persönlichkeiten, die nach 1945 leitende Funktionen im deutschen Sport innehatten. Einbezogen werden hierbei die Inhaber*innen von Ämtern in Präsidien und Geschäftsstellen des DSB seit 1950, die Mitglieder des NOK für Deutschland seit 1949 sowie – da das NOK des vereinten Deutschlands hier der Rechtsnachfolger ist – auch die Mitglieder des NOK der DDR seit 1951.

DOSB-Vorstandsmitglied Michaela Röhrbein: „Das ist ein erster, aber enorm wichtiger Schritt“

„Mit der Aufarbeitung nimmt der DOSB seine Verantwortung wahr, sich kritisch mit seiner eigenen Geschichte im Kontext der NS-Diktatur auseinanderzusetzen. Das ist ein erster, aber enorm wichtiger Schritt“, sagt Michaela Röhrbein, DOSB-Vorstand Sportentwicklung. „Es geht nicht nur um die Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern auch um die Verantwortung, die wir für eine integre und demokratische Zukunft tragen – im Sport und in der Gesellschaft.“

Aufarbeitung, nicht nur im geschichtlichen Kontext, spielt bei Vereinen und Verbänden eine immer wichtigere Rolle. Um rechtssicher zu agieren hat die Deutsche Sportjugend die Entwicklung einer Aufarbeitungsordnung in Auftrag gegeben. Eine solche Muster-Ordnung wird bald allen Sportvereinen und -verbänden zur Verfügung gestellt. Erstellt wird diese in Weiterführung des Gutachtens zu vereinsschädigendem Verhalten von Prof. Dr. Martin Nolte und Dr. Caroline Bechtel (Logo: dsj).

„Die heutige Erinnerungsarbeit im Sport ist insbesondere dem Einsatz von Fans und Engagierten, auch innerhalb der Clubs und Verbände, zu verdanken. Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von ehemaligen Funktionär*innen im Sport muss rechtssicher gestaltet werden“, betont dsj-Gesamtvorstand Benny Folkmann. „Eine Muster-Ordnung wird die Sportvereine und -verbände unterstützen und hoffentlich auch motivieren, sich diesem Teil ihrer Geschichte zu stellen. Nicht im Sinne von Schuld, sondern von Verantwortung.“ 

vds/dosb