Es ist gar nicht so leicht zu glauben, wenn man Johan Eliasch bei seinen öffentlichen Auftritten erlebt, aber der britisch-schwedische Milliardär kann beizeiten sogar über sich selbst lachen. In einer seiner wenigen Interviews ging es einmal um seine Doppelrolle, die den 62-Jährigen begleitet, seit er vor vier Jahren an die Spitze des Ski- und Snowboard-Weltverbandes FIS geklettert ist. Wie kann einer als Präsident überparteilich die Interessen aller Wintersportler vertreten, zugleich einen Sportartikelhersteller besitzen, der davon lebt, dass die von ihm ausgerüsteten Athleten schneller sind als andere? Ach wo, fand Eliasch und erklärte sinngemäß, dass er bei seiner Firma Head längst aus allen Tagesgeschäften ausgestiegen sei. Man müsse nur die Mitarbeiter fragen, die seien bestimmt froh darüber, dass er sich zurückgenommen habe.
Das ist das Bild, das Eliasch gerne von sich zeichnet: das eines rastlosen Machers. Ein Unternehmer, unter anderem zu einem Milliardenvermögen gekommen, indem er Firmen sanierte – Head soll er etwa vom Insolvenzfall in ein hoch profitables Unternehmen verwandelt haben –, ein Quereinsteiger zudem auf den Fluren der Sportpolitik, den sie sich in der FIS noch vor vier Jahren so sehr wünschten. Eliasch, so die Hoffnung, möge den Verband nach Jahrzehnten unter dem mittlerweile verstorbenen Gian Franco Kasper endlich aus der Verkrustung befreien.
Nicht mal ein Jahr nach Eliaschs Übernahme schrieb die NZZ, der Unternehmer würde "wie ein Elefant im Porzellanladen" umhertrampeln, sich weder um Verträge noch um Manieren im Umgang scheren. Und auch wenn Eliasch das bis heute ausdauernd bestreitet, zwischenzeitlich gar behauptete, man habe in den ersten knapp zwei Jahren seines Wirkens "mehr Fortschritt erzielt als in den letzten 50 Jahren", so erscheint das Bild vier Jahre nach seiner Übernahme als ein noch düsteres. Das zeigt sich besonders an einem Dauerstreitthema, der Zentralisierung der Medienrechte.
Eliasch war das Unterfangen damals geschickt angegangen; er hatte den Nationalverbänden etwas versprochen, was diese lange geplant, aber nie umgesetzt hatten: Die Vermarktung der Weltcup-Events im Wintersport zu zentralisieren, so wie es etwa die Formel 1 hält. Das Kalkül ist einfach: Wenn, wie bis zuletzt, jeder Nationalverband einzeln die Rechtepakte hält und diese von Agenturen weiterverkaufen lässt, fällt überall etwas Geld weg für den Zwischenhändler – Geld, das man über ein zentrales Modell ohne Zwischenhändler sparen und in den Sport leiten könnte.
Eliaschs Lösungsansatz hatte nur einen kleinen Haken, zumindest aus der Sicht seiner rasch wachsenden Schar an Kritikern: Der Neue war furchtbar ungeduldig. Das mag sogar ein Vorteil sein, wenn man ein Wirtschaftsunternehmen saniert, aber in einem Weltverband mit über 100 Mitgliedsverbänden? Die FIS stellte sich dann jedenfalls plötzlich auf den Standpunkt, dass die Rechte, mit denen Landesverbände und Agenturen seit jeher handelten, diesen gar nicht gehören würden. Darüber stritt sich die FIS auch mit der Schweizer Agentur Infront, einem der mächtigsten Akteure bei der Vermarktung des Wintersports. Und dann verkündete die FIS im Sommer 2023 plötzlich eine angeblich historische Einigung. (Kamera-Foto: Filipe Adrian/pexels)
Zwar hatte sie es nicht geschafft, Infront hinauszudrängen und deren Provisionen einzusparen, wie sie es einmal offenkundig vorhatte. Dafür jubilierte die FIS nun über ein Zentralvermarktungsmodell mit dem Zwischenhändler. Das sollte den Nationalverbänden immer noch mehr Geld versprechen, mindestens 100 Millionen Euro über acht Jahre hinweg. Der Deal hatte nur wieder einen Haken: Die Nationalverbände hatten noch gar nicht zugestimmt.
Zum einen hatten nahezu alle Nationalverbände noch laufende Verträge mit Infront, nach dem alten Modell. Zum anderen vernahmen sie, dass Eliasch zwar ständig neue fantastische Gewinne durch die Zentralvermarktung versprach – anfänglich 30 bis 40 Millionen Euro pro Jahr, später noch 13 Millionen. Doch wie diese Wertsteigerungen zustande kommen sollten, mochten viele nicht erkennen. Wie auch, wenn Wintersportler ihre Kunst viel kürzer und weniger exponiert ausstellen als die Populärdisziplinen Formel 1 und Fußball. Da muss sich ein Deutscher Skiverband schon darauf verlassen können, dass ihm die Gelder aus einer neuen Rechtevermarktung zumindest so zuverlässig zufließen wie bisher – nur so kann er Disziplinen und Nachwuchsausbildung querfinanzieren, die wenig bis kein Geld abwerfen. Die Medienrechte sind da so etwas wie Tafelsilber und Lebensversicherung in einem.
Die FIS behauptete dagegen bis zuletzt eisern, dass diese Rechte ihr gehören würden, selbst wenn die internationalen Wettkampfregeln der Fis das anders formulierten – so sahen es zumindest die Nationalverbände. Als Eliasch diese Statuten im April 2024 im FIS-Regierungsrat dann ändern ließ – beinahe gewaltsam, wie DSV-Vorstand Stefan Schwarzbach damals sagte – hatte der Deutsche Skiverband genug. Er klagte vor dem Münchner Landgericht. Und das veortete die Medienrechte dann, grob gesagt, auch beim DSV. Das wiederum nutzte der Verband, um in den Verhandlungen, die Mitte Dezember endeten, Eliasch wichtige Zugeständnisse abzuringen.
Das Destillat all dieser Qualen ist durchaus kurios – und steht sinnbildlich für Eliaschs Wirken: Das, was mal als großer Coup geplant war, hinterlässt so gut wie keine Gewinner. Denn am bisherigen Konstrukt ändert sich fürs Erste gar nicht mal so viel. Infront, das bislang ohnehin mit fast allen Landesverbänden die Medien- und Marketingrechte einzeln verhandelt hatte, macht das nun zentral – der größte Unterschied ist, dass sich die FIS dazwischengedrängt hat. Ein gar nicht so kleiner Teil an Gewinnen dürfte schon von Kosten aufgefressen worden sein, die beide Seiten für Anwälte und Rechtsstreitigkeiten ausgegeben haben. Der grundsätzliche Umgang mit dem Präsidenten soll sich dem Vernehmen nach auch keineswegs gebessert haben. Und so steht auch im vierten Jahr von Johan Eliaschs Wirken die Frage im Raum, wie es grundsätzlich weitergehen wird mit ihm in der FIS – und ob es das überhaupt noch tut.
Johannes Knuth ist Redakteur der Süddeutschen Zeitung.