„Hall of Fame des deutschen Sports“

Kommission empfiehlt: Kein Ausschluss von Mitgliedern aus der NS-Zeit

15.09.2025

Die Deutsche Sporthilfe hat Ergebnisse der Expertenkommission zu Mitgliedern der „Hall of Fame des deutschen Sports" aus der NS-Zeit veröffentlicht. Das Votum ist eindeutig: Diese können bleiben. Aufarbeitung und Diskussion sollen weitergeführt werden.

 

Müssen einzelne Persönlichkeiten, deren Lebensläufe bis in die NS-Zeit zurückreichen, aufgrund neu zutage getretener Erkenntnisse aus der „Hall of Fame des deutschen Sports" ausgeschlossen werden? Die zur Beantwortung dieser Frage eigens ins Leben gerufene Expertenkommission aus renommierten Historikerinnen und Historikern sagt nein. Dieses Ergebnis hat die Sporthilfe als Initiatorin der „Hall of Fame des deutschen Sports“ gemeinsam mit den Mitgliedern der Expertenkommission am heutigen Montag in Berlin vorgestellt.

„Die zur Debatte stehenden Mitglieder der Hall of Fame des deutschen Sports‘ stehen exemplarisch für die graduell unterschiedliche Beteiligung der deutschen Gesellschaft am Aufstieg und der Durchsetzung des Nationalsozialismus und dessen anschließendem kollektiven Beschweigen. Wenn man diese Personen aus der Hall of Fame‘ ausschließt, würde das wie ein Purgatorium wirken, bei dem der deutsche Sport sich im Nachhinein selbst reinigt und das politisch Verstrickte von sich abkapselt“, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme der fünfköpfigen Kommission (hier in vollständiger Länge).

Die Kommission setzt sich wie folgt zusammensetzt (in alphabetischer Reihenfolge):

– Dr. Berno Bahro (Sporthistoriker an der Universität Potsdam)
– Dr. Jutta Braun (Historikerin und Abteilungsleiterin Leibniz-Zentrum für Zeithist. Forschung Potsdam)
– Erik Eggers (Sporthistoriker und freier Journalist)
– Prof. em. Dr. Manfred Lämmer (Sporthistoriker / Deutsche Sporthochschule Köln)
– Prof. (i.R.) Dr. Hans Joachim Teichler (ehemaliger Leiter Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Sports im Institut für Sportwiss. der Uni Potsdam)

Die Kommission plädiert deshalb dafür, keine Streichungen von Mitgliedern aus der „Hall of Fame“ vorzunehmen, auch wenn einzelne Mitglieder stärker NS-belastet erscheinen als andere. Vielmehr sieht die Kommission als besten Weg für den organisierten Sport, sich seiner NS-Geschichte durch Offenlegung und Kommentierung zu vergegenwärtigen. Die im Rahmen des Aufarbeitungsprozesses überarbeiteten Texte auf der „Hall of Fame“-Website seien ausreichend, um die Ambivalenzen bei der Bewertung der Personen transparent darzustellen, lobt die Kommission: „Einerseits werden darin Mitgliedschaften in der Partei und/oder NS-Organisationen bzw. die Unterstützung des NS-Regimes deutlich gemacht, andererseits werden die Errungenschaften und Verdienste aufgeführt, die für die Aufnahme in die Hall of Fame‘ ausschlaggebend waren.“

Auslöser des Aufarbeitungsprozesses war vergangenes Jahr der Hinweis des Historikers Armin Jäger in der Süddeutschen Zeitung

„Wir wollen aus der Diskussion über die Vergangenheit für die Zukunft lernen“, sagt Max Hartung, Sprecher des Sporthilfe-Vorstands. „Wir danken der fünfköpfigen Expertenkommission sehr für ihre bislang getätigte Arbeit, die uns hilft, die großartige Botschaft der Hall of Fame des deutschen Sports‘ und ihre Werte zu bewahren.“ Auslöser des Aufarbeitungsprozesses war im vergangenen Jahr der Hinweis des Historikers Armin Jäger in der Süddeutschen Zeitung, dass in einigen Mitglieder-Biografien auf der „Hall of Fame“-Website deren NS-Mitgliedschaften nicht oder nur in unzureichender Art und Weise dargestellt waren.

Daraufhin hatte die Sporthilfe gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) als den weiteren Trägern der „Hall of Fame des deutschen Sports“ den Sportjournalisten und Historiker Erik Eggers beauftragt, die einschlägigen Dokumente wie NSDAP-Mitgliederkarteien und Entnazifizierungsakten zu heben, so dass der sporthistorische Forschungsstand in die betroffenen Biografien auf der „Hall of Fame“-Website eingearbeitet werden konnte. Im Anschluss war die Expertenkommission ins Leben gerufen worden mit dem Auftrag, die Biografien im historischen Kontext einzuordnen.

Gründliche Untersuchung weiterer Mitglieder und Kommentierungen auf der Website notfalls aktualisieren

Als weiteren Prozessschritt regt die Kommission an, auch alle anderen Mitglieder, deren Biografien bis in die NS-Zeit reichen und bisher nicht Teil der Beauftragung waren, einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen und die Kommentierungen auf der Website, wenn notwendig, entsprechend des aktuellen Forschungsstandes präzise und kritisch zu aktualisieren. Zudem schlägt sie vor, das aktuelle Leitbild der „Hall of Fame“ zu überprüfen – zwei Anregungen, die Sporthilfe, DOSB und VDS als die drei Träger der „Hall of Fame“ in ihre weitere Arbeit mitnehmen werden.

Text: dsh/vds // Foto (von links nach rechts): Thomas Weikert (DOSB-Präsident), Prof. em. Dr. Manfred Lämmer (Kommissionsmitglied), Erik Eggers (Kommissionsmitglied), Dr. Jutta Braun (Kommissionsmitglied),  Dr. Berno Bahro (Kommissionsmitglied),  Prof. (i.R.) Dr. Hans Joachim Teichler (Kommissionsmitglied), Max Hartung (Sporthilfe-Vorstand) und Anno Hecker (FAZ und Moderator der PK) (Foto: Deutsche Sporthilfe)