Nicht nur Fußball: Wie sich DAZN die Zukunft ausmalt

"Wir machen mehr als nur Programmstreaming"

03.06.2025

Erst die Klub-WM, dann die Samstagskonferenz der Bundesliga: Andreas Hardt beschreibt, was DAZN aus seinen gesammelten Rechten machen will.

 

"Tschüss, Sommerloch!", schreibt DAZN auf einer seiner Internetseiten. Es geht dabei um die FIFA-Klub-WM vom 14. Juni bis 13. Juli in den USA, für die der Sportstreaming-Dienst sich die Übertragungsrechte sichern konnte. Noch mehr Fußball also auch im Sommer. "Tschüss, Pause!", könnte man auch sagen, oder "tschüss, Aufmerksamkeit für anderen Sport!". Aber die Realität sei eben so, sagt Haruka Gruber, der Senior Vice President Media Central Europe, wie sein offizieller Titel lautet: "Ich glaube fest, dass es für diesen Wettbewerb Platz gibt. Schaut man auf die Daten, ist alles im Fußball von Interesse."

Ja, daran kann es wohl keinen Zweifel geben. Das neue Champions-League-Format: funktioniert! Die
Nations League: check! Und Gianni Infantino würde nicht diese Klub-WM eingeführt haben, wenn er nicht sicher sein könnte, dass sich damit weitere Erlöse erzielen ließen. Beziehungsweise, dass es natürlich Interesse bei Hardcore-Fußballfans daran gibt. Dennoch hat sich die Vergabe der TV- und Streamingrechte relativ lange hingezogen – bis DAZN seine Chance bekam, im März zuschlug und die weltweiten Übertragungsrechte erwarb. Laut Meedia für "dem Vernehmen nach eine Milliarde US-Dollar".

Alle 63 Partien in den USA werden live gezeigt. Und in Deutschland kostenlos. Es braucht nur eine Registrierung. Also das Hinterlassen von Daten. Wer weiß, wofür das mal gut ist, für DAZN. (Foto Haruka Gruber: DAZN)

DAZN hat zusätzlich Mitte Mai eine Sublizenz-Vereinbarung mit ProSiebenSat.1 geschlossen, die eine Übertragung der Spiele von Bayern München und Borussia Dortmund im analogen Fernsehen bei Sat.1 sowie bei Joyn und ran.de ermöglicht. Damit hat DAZN die Klub-WM auf drei Beine gestellt, sozusagen: "Wir übertragen alle Spiele selbst und machen diese kostenlos verfügbar, haben die Free-TV-Sublizensierung vergeben und organisieren auch die Vermarktung", erklärt Gruber.

Das ist wohl einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren für das Unternehmen. "Wir bieten Marken verschiedene Möglichkeiten, um mit Sportfans zu interagieren, sei es durch Livesport, Sponsoring, Werbung, Partnerschaften oder selbst produzierte Inhalte", schreibt DAZN in einer Eigenwerbung und weist damit auf sein Geschäftsmodell hin: "Wir vermarkten Werbepartnerschaften selbst." Ende 2020 wurde damit begonnen, dabei gibt es eine Kooperation mit Google und für Kunden maßgeschneiderte Modelle auf unterschiedlichsten Kanälen und Formaten. "Wir machen so viel mehr als 'nur' Programmstreaming", sagt Gruber, "mich erstaunt immer, dass darüber so wenig berichtet wird."

Seit August 2016 ist DAZN in Deutschland verfügbar. Seit der Saison 2019/20 übertrug der Sender Spiele der Fußball-Bundesliga. Seit 2021/22 waren alle Freitags- und Sonntagsspiele der Bundesliga bei DAZN zu sehen. Mit dem neuen Rechtepaket der DFL ab kommender Saison hat DAZN für 250 Millionen Euro pro Jahr bis Mitte 2029 nun neben den Sonntagsspielen auch die Rechte an der Bundesliga-Konferenz am Samstag. Das Freitagsspiel ging zu Sky, das auch die Einzelspiele am Samstag zeigt. "Auf die Art und Weise, wie die Pakete zusammengestellt wurden, haben wir keinen Einfluss", sagt Gruber, "wir sind aber sehr zufrieden mit der neuen Konstellation." (Foto: DAZN)

Damit erreicht DAZN schließlich mehr Spiele und Vereine, außerdem würden je nach Wochenende historisch mehr Zuschauer am Samstag die Konferenz schauen als kumuliert die Einzelspiele. "Die Konferenz ist deshalb auch für Werbekunden wichtiger", so Gruber. Außerdem schauten auch mehr junge Leute Konferenz – das DAZN-Publikum ist im Durchschnitt 37 Jahre alt, während die Zuschauer der öffentlich-rechtlichen "Sportschau" rund 64 Jahre alt sind.

DAZN setzt seine Geschichte also durchaus erfolgversprechend fort. "Wir waren im zweiten Halbjahr 2024 in Deutschland erstmals profitabel und erwarten, dass 2025 komplett profitabel wird", sagt Gruber. Dabei halfen die Preissteigerungen von 29,99 auf bis zu 44,99 Euro pro Monat sowie wachsende Werbeeinnahmen. Insgesamt hat DAZN mehr als zwei Milliarden Euro im deutschen Markt investiert. Von Reichweiten und Quoten erzählt Gruber nicht, so wie es die Pay-Konkurrenz ja auch nicht tut. So viel dann aber doch: "Bei großen Fußball-Events erreichen wir rund zwei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Wir haben eine breite Brust."

Im Februar veröffentlichte die Sport Bild Zahlen zum finanziellen Engagement von DAZN, denen öffentlich nicht widersprochen wurde. Demnach lagen Anfang 2024 die geplanten Ausgaben für Sportrechte in den folgenden Jahren bei insgesamt 8,96 Milliarden Euro, wovon 2024 rund drei Milliarden gezahlt wurden. Bis 2033 habe die Plattform noch Zahlungsverpflichtungen für Rechte in Höhe von rund 15 Milliarden Euro.

Das betrifft natürlich nicht nur den Fußball. Es gibt eine enge Partnerschaft mit der NFL, die ihren  "Gamepass" über DAZN vermarktet. Darts ist wichtig, die NBA, Kampfsport. Vor allem aber Fußball, Fußball, Fußball. Die großen internationalen Ligen (außer England) werden gezeigt, auch die Mittwochsspiele der Champions League. "Fußball ist unverzichtbar, dafür sind die Leute auch bereit, einen guten Preis zu zahlen", sagt Gruber. Außerdem, soooo  teuer sei das alles ja gar nicht, es gebe ja auch Kooperationen mit Sky, da könne man dann sparen, nur einen Decoder nutzen und die Abrechnung vereinfacht abwickeln. (Foto: DAZN)

Hinter DAZN steckt die Perform Group, die mehrheitlich dem US-Milliardär Leonard Blavatnik gehört. Im Februar meldete die britische Mutter von DAZN zudem eine Einigung mit dem saudi-arabischen Sportinvestitionsfonds (SURJ) über eine Minderheitsbeteiligung. Da dürfte wohl eine Milliarde Dollar fließen. Das kann auch erklären, warum DAZN die von den Saudis finanzierte Golfserie LIV im Programm hat. Und eben aktuell bei der FIFA-Klub-WM eingestiegen ist. Infantino hat zu den Saudis ja ein sehr gutes Verhältnis, im Dezember vergab der Weltverband die WM 2034 an das autoritär geführte Königreich. Es wird nun spannend zu sehen, wer die Übertragungsrechte für die WM 2034 erhält. Sportswashing für weltweit mehr Anerkennung und Einfluss ist keine neue Strategie autoritärer Regime, Saudi-Arabien nutzt diese aber seit Jahren äußerst effektiv. 

"Wir wollen Fußball nutzen, um auch andere Sportarten aufzuwerten. Wir haben den Platz und das Angebot, diese zu pushen", sagt Gruber. Also nichts da mit „tschüss, Aufmerksamkeit für anderen Sport!". Auch der Frauensport erhält so eine eigene Plattform. Und dagegen ist nun wirklich nichts zu sagen.

Andreas Hardt, vormals Redakteur bei SID und dapd, arbeitet als freier Journalist von Hamburg aus. Er schreibt die Kolumne "Hardt und herzlich" für den monatlichen Newsletter des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Hier gelangen Sie zu Hardts Xing-Profil.