Nachruf auf Edgar Fuchs – Zum Abschied nach Zabori

Verein Münchner Sportjournalisten

02.09.2022 Was war Edgar Fuchs für ein kreativer Schreiber! Sport, Glamour und vieles mehr. Doch die große Leidenschaft des VMS-Mitglieds blieb die Münchner Abendzeitung. Nun ist der Sprachkönner 81-jährig verstorben.
Autor: Wolfgang Uhrig
Unsere letzte Spur zu ihm hatte in den Gemeindeweg von Großdingharting geführt, Postleitzahl 82064 in Oberbayern. Das war vor über einem Jahr und bei einem vergeblichen Versuch, ihm am 21. April 2021 zu seinem 80. Geburtstag zu gratulieren. Doch Edgar Fuchs war schon damals wie vom Erdboden verschwunden. Bis er jetzt namentlich wieder auftauchte – in einer Bemerkung der Zeitschrift Gala vom 1. September unter dem Schlagwort „Abschied“ (Logo: Verein Münchner Sportjournalisten).

„Er war einer der renommiertesten Sportjournalisten, der mit der Sprache spielerisch umgehen konnte wie nur wenige mit dem Ball. Ein Menschenversteher, dem Weltstars wie Franz Beckenbauer oder Kati Witt ihre Autobiographien anvertrauten. Aber ganz besonders war Edgar Fuchs ein begnadeter Blattmacher. Am 12. August ist der ehemalige Chefredakteur der Gala gestorben. Er wurde 81 Jahre alt.“

Wie es seine Art war, so hat sich nun ein großer Schreiber unserer Zunft für immer verabschiedet. Still und heimlich in Zabori, einem kleinen Weiler an der niederbayerisch-tschechischen Grenze. Dort, wo seine Frau Irina zuhause war, hatte es ihn aus der Nähe von München hingezogen. Einfach so, ohne Bohei, nur raus aus der Medienstadt.

Vielleicht auch deshalb, weil er es gern mit dem „Lob des Fuchses“ vom großen Tierfreund Alfred Brehm hielt: „Als Einzelgänger geboren, hasst der Fuchs jegliche Rudel und hält sich meist von einem solchen entfernt.“ Der Journalist Fuchs war ein stiller Brüter. Wohl niemand, der einmal neben ihm in der Redaktion gearbeitet hatte, kann sich daran erinnern, dass er jemals laut geworden wäre. Dafür aber knurrend.

„Mein Lieber, sog’ amol, mogst mich jetzt verorschen?“

Etwa wenn er als Textchef bei Bunte einem Kollegen mürrisch das Manuskript über den Tisch zurückschob und in tiefem Boarisch grollte: „Mein Lieber, sog’ amol, mogst mich jetzt verorschen?“ Fuchsig konnte er dann Kollegen spüren lassen, wenn diese nachlässig dachten oder überhaupt nicht. Wie ein Magnet fand er in jedem Text einen Schwachpunkt. Für die Kollegen war er ein „Macho mit dem spitzen Stift“.

Doch kaum einer zog sich deshalb schmollend zurück. Weil alle nachher bei der Wiedervorlage ihrer Texte nachlesen konnten, was sie besser hätten machen können. Und wenn gerade Deadline war, dann hat sich Fuchs einfach hingesetzt, die Tür zum Büro abgeschlossen und die ganze Geschichte in Windeseile einfach umgeschrieben. Und der Kritisierte hatte daran schließlich auch noch Freude – die Freude an „seiner“ neuen Sprache.

Hier genoss einer die Macht, mit Worten zu spielen, sie zu einem kleinen Kunstwerk in Sätzen zu gestalten. Seine bevorzugte Liebe gehörte dem originellen Gedanken, besonders in Titeln und Überschriften. In Erinnerung ist mir ein Fuchs-Klassiker aus seiner Zeit bei der Münchner Abendzeitung während der Olympischen Spiele 1972: „Die anderen siegen – wir bleiben heiter.“ Oder als Bunte-Textchef mit „Das schönste Mauerblümchen der DDR“ über die Eisläuferin Katarina „Kati“ Witt (Foto Cover Witt-Biographie: Bertelsmann).

Edgar Fuchs volontierte bei den Oberpfälzer Nachrichten in Weiden. Über den Lokalsport der Neuen Ruhr-Zeitung in Düsseldorf ging es nach München zur AZ, wo er aufstieg zum Stellvertreter des Chefredakteurs. Dr. Hubert Burda holte ihn 1976 in seine Erstausstattung als Chefredakteur von Bunte nach Offenburg. Fuchs war dort in fast zwei Jahrzehnten nacheinander Sportchef, Textchef und geschäftsführender Redakteur. Am Ende der Karriere wurde er in Hamburg Chefredakteur bei Gala und Sport-Bild, zwischendurch schrieb er Kolumnen für die Welt.

Viele Aufgaben, aber nur eine Hingabe: zur AZ, das war für ihn nicht nur Arbeits-, sondern auch Herzensplatz. Seinerzeit geliebt als Redaktion und Identifikation mit dem Münchnerischen, durch Geist und Witz und Esprit. Immer wieder gern hatte man ihm beim Rückblick auf ein halbes Jahrhundert Journalismus zugehört. Die AZ von damals – das muss sein Ding gewesen sein!

Und während sich am Ende die Welt um ihn stetig mehr verdunkelte, verblassten seine schönen Erinnerungen und damit die große Zeit eines außergewöhnlichen Journalisten. Im Kreise seiner Angehörigen ist Edgar Fuchs schließlich friedlich eingeschlafen.