„Guter Sportjournalismus ist anspruchsvoll“

Aussteiger Detlef Hacke

30.12.2020 Er war lange im Sportjournalismus aktiv. Doch irgendwann hatte Detlef Hacke genug. In der VMS INFO 2020 erklärt der Spiegel-Redakteur, warum er den Wechsel in andere Ressorts vollzogen hat.
 
Detlef Hacke, Jahrgang 1964 und in Braunschweig geboren, studierte Journalistik in München und wurde an der Deutschen Journalistenschule ausgebildet. Er war Redakteur im Sportressort der Süddeutschen Zeitung, ab 1999 bei Sportbild und Stern. Seit 2002 beim Spiegel, Redaktionsleiter des Kindermagazins Dein Spiegel, derzeit Redaktionsteam Leben. 2008 gewann er gemeinsam mit drei Kollegen für Enthüllungen über Doping im Radsport den Henri-Nannen-Preis für investigative Recherche.

VMS INFO: Herr Hacke, weshalb haben Sie sich aus dem Sportjournalismus verabschiedet?

Detlef Hacke: Weil ich nach so vielen Jahren – es waren über 30, die Zeit als Freier im SZ-Sport mitgerechnet –, die Chance wahrnehmen wollte, in einem anderen Bereich zu arbeiten.

VMS INFO: Ist der Sportjournalismus häufig Sprungbrett für den Wechsel in andere Ressorts oder andere journalistische Tätigkeiten?

Hacke: Nach meinem Eindruck: Ja (Foto: VMS/Adam Pretty/Getty Images).

VMS INFO: Ist mit ein Grund dafür, dass Sportjournalismus eher gering angesehen und jeder Wechsel ein Aufstieg ist?

Hacke: Nein. Erstens glaube ich nicht, dass Sportjournalismus so gering angesehen ist, jedenfalls habe ich das nicht so erlebt. Ich hatte das Glück, bei Süddeutscher Zeitung, Stern und Spiegel auf hohem professionellen Niveau arbeiten zu können. Die Arbeit wurde anerkannt. Guter Sportjournalismus ist anspruchsvoll. Allerdings habe ich es zunehmend als problematisch empfunden, an Sportler heranzukommen. Die Stars haben eine solche Medienpräsenz, dass sie es nicht nötig haben, mit SZ oder Spiegel zu reden. Das hat die Arbeit mühsam gemacht. Zweitens: Natürlich ist nicht jeder Wechsel ein Aufstieg. Aber viele mir bekannte Kollegen sind im Laufe der Jahre tatsächlich in führende Positionen gelangt oder leisten als Korrespondenten hervorragende Arbeit. Was auch daran liegt, dass Sportjournalismus eine sehr gute Schule für unseren Beruf ist.

VMS INFO: Spielt dabei die häufiger als in anderen Ressorts zu leistende Wochenendarbeit eine Rolle?

Hacke: Im meinem Fall: Ja. Das war nicht der ausschlaggebende Grund für den Wechsel, hat sich aber für mich als Vater zweier Kinder als angenehm erwiesen.

VMS INFO: Weshalb gibt es kaum Wechsel aus anderen Ressorts ins Sportressort?

Hacke: Das ist schwer zu sagen. Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Reisen und die Wochenendarbeit eher am Berufsanfang attraktiv sind, wenn man noch jung und kinderlos ist (Foto: firo sportphoto/Augenklick).

VMS INFO: Führt der Aderlass zu einem Qualitätsverlust?

Hacke: „Aderlass“ hört sich so schlimm an. Dass Journalisten nach persönlicher Veränderung streben, halte ich für gut. Ich fand es persönlich immer wieder schade, wenn jemand aus dem Sport ging, dessen Arbeit ich schätzte. Aber meist kamen auch wieder tolle Leute nach. Also: Nein, ich sehe keinen nennenswerten Qualitätsverlust.

VMS INFO: Hat sich der Wechsel für Sie gelohnt (Position und/oder finanziell)?

Hacke: Zuerst ja. Der Wechsel in eine leitende Position beim Kindermagazin „Dein Spiegel“ war logischerweise mit einem höheren Gehalt verbunden. Als ich nach eineinhalb Jahren ins Projekt „Leben des Spiegel“ gewechselt bin, um als Redakteur wieder mehr zu schreiben, war der finanzielle Vorteil futsch. Mir war Zufriedenheit wichtiger als Geld.

Dieses Interview, das wir dankenswerterweise übernehmen dürfen, stammt aus der VMS INFO 2020. Diese kann auf der VMS-Website als kostenloses PDF heruntergeladen werden.