Diebstahl und Verhärtung

Medienrecht-Alphabet R-Z

02.10.2020 Schon mal was von der „Wechselwirkungslehre“ gehört? Keine Ahnung, wozu der „Yale-Ansatz“ taugt? Das Medienrecht-Alphabet des sportjournalist sorgt für Aufklärung. Teil III von R wie Redaktionsschwanz bis Z wie Zitatrecht.
Autor: Clemens Gerlach
Im ersten Teil des Medienrecht-Alphabets (A bis H) ging es unter anderem um die Caroline-Urteile, Gegendarstellungen und Hauptsacheverfahren. Der zweite Teil (I bis Q) widmete sich zum Beispiel Knebelverträgen und der Querschnittsmaterie.

R wie Redaktionsschwanz
Dieser Begriff klingt anzüglich, ist er doch doppeldeutig. Aber das passt in diesem Zusammenhang sehr gut, geht es doch um Anmerkungen einer Redaktion am Ende einer Gegendarstellung. Auf letztere hat jeder einen Anspruch. Deshalb steht im Redaktionsschwanz sehr häufig, dass das Medium bei der bisherigen Schilderung des Sachverhalts bleibt. Verhärtete Fronten also.

S wie Schadenersatz
Viel ist derzeit von Fake News die Rede. Etwas Neues ist es eigentlich nicht, die Yellow Press lebt seit Jahrzehnten sehr gut davon, Berichte in die Welt zu setzen, bei denen der Begriff der Wahrheit sehr weit gedehnt wird, oftmals bis zu deren Unkenntlichkeit. Von Zuspitzung ist häufig die Rede. Treiben es die Klatsch-und-Tratsch-Postillen zu arg, dann kann es durchaus sein, dass Gerichte Promis Schadenersatz zusprechen. Bei Caroline von Monaco, Jörg Kachelmann und Michael Schumacher war dies jedenfalls so (Schumacher-Foto: firo sportphoto/Augenklick).

T wie Tendenzschutz
Das alte Sprichwort „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ ist wieder sehr en vogue. Vielen Journalisten gefällt es nämlich gar nicht, dass ihnen der Verleger inhaltliche Vorgaben machen darf. „Wo bleibt denn da die Pressefreiheit!“, stöhnen sie. Auf der Strecke, aus deren Sicht. Doch es ist, wie es ist: Die Blattlinie kann sogar in einer Betriebsvereinbarung festgelegt sein.

U wie Unabhängigkeit
In der heutigen Zeit muss sich der Journalismus vielerlei Vorwürfen erwehren. Sehr häufig bestritten wird die Unabhängigkeit der Medienvertreter. Die seien fremdgesteuert, insbesondere die der Öffentlich-Rechtlichen. Alles nur Befehlsempfänger, quasi Staatsfunk. Quatsch! Gefährdet ist die Unabhängigkeit der Berichterstattung dennoch. Die ökonomischen Verhältnisse zwingen häufig zu Lösungen, die eigentlich nicht mehr akzeptabel sind.

V wie Verjährung
Was einem nicht gehört, darf man nicht verbreiten oder nutzen, es sei denn, der Rechte-Inhaber hat dies gestattet. Doch was tun, wenn zum Beispiel Fotos im Netz von Dritten unerlaubterweise verwendet werden? Dann kann man dafür eine angemessene Vergütung verlangen. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren.

W wie Wechselwirkungslehre
Das sogenannte „Lüth-Urteil“ aus dem Jahre 1958 gilt als einer der wichtigsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Das BVerfG betonte damals die überragende Bedeutung der freien Meinungsäußerung für die demokratische Ordnung. Deshalb müssten allgemeine Gesetze, die dieses Grundrecht einschränken (sollen), genau auf diese Wirkung hin ausgelegt werden. Es bestehe also eine Wechselwirkung. Diese abwägende Vorgehensweise wird gerne als „Schaukeltheorie“ verballhornt.

X wie Xenophobie
Viele Menschen fühlen sich von den gewaltigen gesellschaftlichen Umwälzungen der heutigen Zeit überfordert. Fremdenfeindlichkeit ist vermehrt zu beobachten. Den Medien kommt deshalb eine besondere Verantwortung zu: Sie müssen genau berichten, dürfen weder verschweigen noch aufbauschen.
 
Y wie Yale-Ansatz
Aus den 1950er-Jahren stammt der „Yale-Ansatz zur Einstellungsänderung“. Dabei geht es um die Frage, durch welche Art der Kommunikation Menschen dazu gebracht werden können, ihre Ansichten zu überdenken und sogar abzulegen. Ein wichtiger Faktor sind dabei die Massenmedien. Sie dienen der persuasiven Kommunikation.
 
Z wie Zitatrecht
Lieber gut geklaut, als schlecht selbst gemacht? Technisch ist es kein Problem mehr, sich bei anderen Werken zu bedienen. Doch der Gesetzgeber hat diesem Treiben enge Grenzen gesetzt. Zitate sind erlaubt, sofern sie dazu verwendet werden, die eigenen Ausführungen zu einem Thema zu belegen. Zudem muss die Quelle genannt werden. Sonst ist es geistiger Diebstahl.

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