Der große öffentliche Wert des Sportjournalismus

Editorial des VDS-Präsidiumsmitglieds Thorsten Poppe

01.09.2022 Der Journalismus steht hierzulande (mal wieder) gehörig unter Druck. Durch Skandale einiger Verantwortlicher im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird aktuell die viel beschworene „Glaubwürdigkeitskrise“ verstärkt. Dabei zeigt derzeit gerade der Sportjournalismus, wie groß sein öffentlicher Wert ist, konstatiert das VDS-Präsidiumsmitglied Thorsten Poppe in seinem Editorial.
 
Welchen Einfluss Recherchen in einer demokratischen Gesellschaft besitzen, macht dabei eindrucksvoll die vom rbb (!) produzierte ARD-Dokumentation „Missbraucht – Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport“ deutlich.

Ich erinnere mich noch gut daran, als wir uns bei der Preisverleihung zu den VDS-Berufswettbewerben im Frühjahr dieses Jahres mit einigen der wegen eines anderen Beitrages anwesenden Filmemacher ausgetauscht haben. Natürlich hatten sie sich in Dortmund absolut professionell verhalten und uns gegenüber nichts über die zu diesem Zeitpunkt noch laufende Missbrauch-Produktion verlauten lassen. Aber an ihren Gesichtsausdrücken konnten wir schon erahnen, dass sich Abgründe auftun werden.

Wie tief diese am Ende geworden sind, stellen wir nicht nur nach der Veröffentlichung ihrer Recherchen fest. Sondern vor allem in der weiterführenden Berichterstattung, was alles nach Ausstrahlung der Doku erfolgt ist (hier können Sie sich den Beitrag anschauen; die Red.).

Allein, dass sich beim Deutschen Schwimm-Verband laut eigener Aussage „fast täglich“ weitere Opfer sexualisierter Gewalt gemeldet hätten, zeigt die Dimension des Themas (Poppe-Foto: Jana Rodenbusch).

Die damit verbundene Auswirkung ist eine gesellschaftliche Diskussion über sexuellen Missbrauch im Sport, die mittlerweile im ganzen Land geführt wird. Die zudem schmerzhaft aufklärt und ihre Erkenntnisse an die Entscheidungsträger*innen in Verbänden und Politik heranträgt.

Wie relevant Journalismus für die Gesellschaft ist, wird dennoch immer wieder in Frage gestellt. Allein schon wegen der erstellten und ausgestrahlten Missbrauchs-Doku können wir in dieser überwiegend populistisch geführten Debatte unser Berufsfeld (und auch unsere Berufsehre) selbstbewusst nach außen vertreten.

Von unabhängigem Journalismus profitiert die Bevölkerung

So hat erst kürzlich eine wissenschaftliche Studie (unter anderem von der renommierten Harvard Business School) gezeigt: Wenn Redaktionen schließen und vor Ort kein unabhängiger Journalismus mehr stattfindet, steigen in den betroffenen Regionen Wirtschaftskriminalität, Umweltverschmutzung und auch Bestechlichkeit. Leidtragende sind laut der Untersuchung die Bürgerinnen und Bürger.

Das sollten wir uns – trotz aller berechtigten Kritik an mancher Berichterstattung – immer wieder vor Augen führen. Der (Sport-)Journalismus besitzt mit seinen Recherchen für die Gesellschaft einen großen öffentlichen Wert. Dies ist einerseits Ansporn und Verpflichtung zugleich. Aber eben auch ein Fakt, auf den wir durchaus hinweisen sollten.

Ich freue ich mich auf weitere relevante Recherchen aus unserem Berufsfeld!

Ihr Thorsten Poppe (Beisitzer im VDS-Präsidium)