Umsteiger Martin Männel

„Ich empfinde die klassische Zeitung als seriöser“

02.05.2023

Martin Männel ist Fußball-Torhüter beim Drittligisten FC Erzgebirge Aue – und ausgebildeter Sportjournalist. Im Interview der Serie „Einsteiger, Umsteiger, Aussteiger“ berichtet er über seinen Blick auf unsere Branche.

 

Martin Männel, 35, ist seit 2008 Torhüter beim FC Erzgebirge Aue. Parallel hat er eine Zusatzausbildung zum Sportjournalisten gemacht und führt einen Onlinehandel. Ein Gespräch über die Veränderungen in der Branche, den sportjournalistischen Perspektivwechsel und die Segnungen der redaktionellen Richtigstellung.

sportjournalist: Martin Männel, Sie scheinen nicht zu den Profis zu gehören, die mit ein, zwei Trainingseinheiten am Tag ausgelastet sind, oder?

Martin Männel: Ich bin wohl tatsächlich nicht der Typ, der sich zwischen den Einheiten aufs Sofa legt und die anderen um sich rum wuseln lässt. Und manchmal wäre ich ganz froh, wenn der Tag 26 Stunden hätte.

sj: Gute Voraussetzungen für eine Karriere im Journalismus. Aber darauf sind Sie ja schon selbst gekommen – als jemand, der parallel zu seiner Torwartkarriere mal eben Journalismus studiert hat.

Männel: Studiert im klassischen Sinne habe ich nicht, ich habe beim IST, der Hochschule für Management, per Fernstudium eine Weiterbildung gemacht. Mein offizieller Abschluss ist also "Sportjournalist (IST)". Und dann habe ich mit meiner Frau eine Firma gegründet, einen Onlinehandel für Solarkabel und ähnliches. Ich hatte in meiner Zeit als Jugendspieler eine schwerere Knieverletzung. Spätestens da habe ich mir vorgenommen, dass ich vorbereitet sein will, wenn irgendwann die Zeit als Fußballer vorbei ist. (Männel-Foto: firo sportphoto/augenklick).

sj: Woher kommt Ihr Interesse am Journalismus?

Männel: 2010 habe ich meine jetzige Frau Doreen kennengelernt, die damals Journalistin beim Radio in Leipzig war und es nach der Hochzeit als Fieldreporterin in Chemnitz oder Zwickau mit ihrem Nachnamen nicht immer leicht hatte. Bei uns zuhause gibt es beim Fußballschauen oder Zeitunglesen schon mal Diskussionen darüber, ob das jetzt ein guter Bericht war oder nicht. Schreiben war aber schon in der Schulzeit mein Ding. In der Sportschule in Cottbus mussten wir dann das, was bei den Turnieren mit der Landesauswahl passiert war, im Spielerberichtsstil wiedergeben. Das war eine gute Übung. Und hat total Spaß gemacht.

sj: Seit 2010 hat sich der Journalismus rasant gewandelt.

Männel: Absolut, das merkt man schon in der Kabine oder am Frühstückstisch. In der Jugend habe ich morgens noch alle Zeitungen durchgeblättert, um auf dem Laufenden zu sein. Heute macht man das nebenbei und scrollt parallel durch drei Apps. Ich glaube, es ist gut, einen Mittelweg zu finden zwischen den modernen Medien und Print. Die klassische Zeitung empfinde ich auch noch als seriöser. Vielleicht auch deshalb, weil in manchen Online-Medien schnell mal was in die Runde geschmissen und dann ohne weiteren Kommentar kurz geändert wird, wenn es sich als falsch erwiesen hat. Das geht natürlich bei einer Zeitung nicht. Klarstellung, Gegendarstellung – das empfinde ich als Bestandteile von seriösem Journalismus.

sj: Wie erleben Sie den Wandel in den Medien in Ihrem Alltag als Spieler? Als Sie vor 15 Jahren nach Aue wechselten, dürfte die Lokalpresse – wie fast überall – noch öfter beim Training gewesen sein, oder?

Männel: Zumindest hat öfter mal überhaupt ein Journalist beim Training vorbeigeschaut, heute konzentriert sich das eher auf die PKs. Die Bindung zur Presse vor Ort ist nicht mehr ganz so eng, aber wir haben hier immer noch einen vernünftigen, vertrauensvollen Umgang miteinander.

sj: Wie meinen Sie das, „vertrauensvoll“?

Männel: Ich finde es gut, wenn Journalisten auch mal an das große Ganze denken und sich nicht von Sensationsgier leiten lassen. Umgekehrt soll aber auch nicht unter den Tisch gekehrt werden, wenn etwas im Verein nicht gut läuft. Ich glaube, ich würde dann als Journalist versuchen, ein umfassendes Bild zu zeichnen und deshalb erst mal mit allen sprechen. Um dann Dinge klar benennen zu können und eine Verbesserung herbeizuführen. (

sj: Ertappen Sie sich oft beim Perspektivwechsel? Zum Beispiel, wenn Sie in der Mixed Zone befragt werden?

Männel: Das kommt vor – ich weiß aber nicht, ob das jetzt primär an meiner Zusatzausbildung liegt. Aber natürlich merken wir Spieler manchmal deutlich, ob ein Journalist selbst mal Sportler war oder nicht. Wie die Journalisten wiederum sicher merken, ob sich ein Spieler schon mal in ihre Rolle hineinversetzt hat. Als Spieler sollte man jedenfalls auch bei abwegigen Fragen seriös bleiben. Und mit Glück kann man das Gespräch ja mit den Antworten in eine andere Richtung lenken. Der Journalist kann ja immer noch nachfragen, wenn ihm die Antwort nicht genügt.

sj: Sie sind jetzt 35 Jahre alt. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir Sie in fünf Jahren nicht mehr auf dem Rasen, sondern auf der Pressetribüne sehen werden?

Männel: Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mit 40 nicht mehr Profi bin, ist jedenfalls höher als die, dass ich dann auf einer Pressetribüne zu finden bin. Aber ich habe diese Ausbildung nicht ohne Grund gemacht und bin nach wie vor überzeugt, dass das mein Weg sein kann. 

 Mit Martin Männel sprach Christoph Ruf. Er arbeitet als Freelancer von Karlsruhe aus. Hier geht es zu seiner Website.