Fotograf Guido Kirchner über die schwierigen Verhandlungen mit der dpa

„Wir werden nicht angemessen bezahlt“

01.03.2023

Die freiberuflich für die dpa tätigen Fotograf:innen kämpfen um angemessene Honorare, die nächste Verhandlungsrunde läuft seit 1. März. Zuletzt hatten die Freelancer eine Woche lang deutlich reduziert Bilder zur Verfügung gestellt, um den Stellenwert ihrer Arbeit zu unterstreichen. Guido Kirchner ist Mitglied der vierköpfigen Verhandlungsgruppe und kündigt im Gespräch mit sj-Autorin Katrin Freiburghaus weitere Maßnahmen an, sollte die dpa weiter so wenig Entgegenkommen zeigen.

 

sportjournalist: Herr Kirchner, Sie fordern deutlich höhere Honorare. War das grundsätzlich überfällig, oder gab es einen Anlass?

Guido Kirchner: Beides. Die letzte Erhöhung gab es 2018. Viele Kollegen stehen dem Honorarkampf skeptisch gegenüber, weil sie von der dpa als Hauptauftraggeber abhängig sind. Aber als im vergangenen Frühjahr die Spritpreise in die Höhe geschnellt sind, mussten wir etwas machen, weil die Kollegen teilweise draufgezahlt haben. Wir haben bei der Kilometergeld-Pauschale eine befristete Erhöhung um 50 Prozent erreicht.

sj: Was bedeutet „befristet“?

Kirchner: Dass die dpa sie im Zuge neuer Honorarregelungen wieder reduzieren will. Das werden wir kategorisch ablehnen (Kirchner-Foto: privat).

sj: Sie streben eine Erhöhung des Tagessatzes um knapp 80 Prozent an. Können Sie erklären, wie diese Forderung zustande kommt?

Kirchner: Wir haben das nicht willkürlich gewählt, sondern unter allen freien Fotografen der dpa eine Umfrage gemacht und einen Mittelwert errechnet. Angemessen ist das aus mehreren Gründen. Der erste ist ein Urteil des Bundessozialgerichts von 2017, das sich generell auf freie Mitarbeiter bezog: Es hat klar zum Ausdruck gebracht, dass ein Freiberufler wesentlich mehr verdienen muss als ein Festangestellter. Wenn man das für den Fall von festen und freien Fotografen bei der dpa durchrechnet, kommt man sogar oberhalb unserer Forderung raus. Wir müssen uns selbst kranken- und rentenversichern und stellen unser eigenes, sehr teures Equipment zur Verfügung.

sj: Wie sieht es mit Nutzungslizenzen für die Bilder aus?

Kirchner: Das ist der zweite Grund. Im Urhebergesetz steht, dass Honorare angemessen sein müssen. Mit dem Tagessatz sind für freie Fotografen sämtliche Forderungen abgegolten – egal, wo und wie oft ihre Bilder erscheinen. Das heißt im Fall einer Agentur wie der dpa: Man stimmt einer potenziellen Veröffentlichung bei sämtlichen deutschen Tageszeitungen, Onlineredaktionen und Fernsehsendern zu und über das dpa-Tochterunternehmen Picture Alliance außerdem noch der Weitergabe an weltweit 300 Partneragenturen. Aufgrund dieser Vervielfältigung werden wir definitiv nicht angemessen bezahlt.

sj: Die dpa zeigte sich über die Aktionswoche vom 14. bis 21. Februar irritiert, weil sie ein „erstes Angebot“ unterbreitet habe, das „die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aller Beteiligten“ berücksichtige (Foto: Faire Honorare).

Kirchner: Darüber kann ich nur lachen. Unseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entspricht das in keiner Weise. Man darf außerdem nicht vergessen, dass niedrige Honorare bei Agenturen automatisch auch die Preise für alle Bilder auf dem Markt und damit für alle freien Fotografen drücken.

sj: Was war die Idee hinter dem verminderten Bild-Angebot während der Aktionswoche?

Kirchner: Die Kollegen konnten weiterhin ihre Termine besetzen, haben dabei aber nur noch die Leistungen für die dpa erbracht, die auch honoriert werden, also deutlich weniger. Die Rechnung ist ganz einfach: Wenn man in eine Pizzeria geht und nur sechs Euro dabei hat, bekommt man nur eine kleine Pizza und kann keine große verlangen. Wir haben noch andere Maßnahmen in der Schublade, weil wir davon ausgehen müssen, dass die dpa nicht annähernd an unsere Forderung herankommen wird. Wir werden das durchziehen.

Mit Guido Kirchner sprach Katrin Freiburghaus. Sie arbeitet von München aus als Freelancerin, unter anderem für Süddeutsche Zeitung und SID. Hier geht es zu ihrem Xing-Profil. Auf der Website Faire Honorare finden Sie weitere Informationen zum Konflikt zwischen Freelancern und der dpa.