Dieses Editorial ist die längere Fassung eines Beitrages für das Programmheft zur Gala „Sportler des Jahres“ 2024 am 15. Dezember in Baden-Baden. Veranstalter der traditionsreichen Auszeichnung ist die Internationale Sportkorrespondenz (ISK).
Der Abend im Kurhaus Baden-Baden gehört den besten Athletinnen und Athleten des Jahres. Es sind fröhliche Stunden, die großen Sportmomente leben noch einmal auf. Und ja, auch 2024 haben Deutschlands Spitzensportlerinnen und Spitzensportler abgeliefert. Bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris erklang die deutsche Nationalhymne 22. Mal. Ein guter Grund, zum Ende des Jahres zu feiern. Aber es gibt Dinge, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen. Es geht um die Zukunft des deutschen Spitzensports.
Dieser steht mitten in einer Reform, von der viel geredet wird, aber deren Komplexität bisher in der Öffentlichkeit nicht angekommen ist. Der Deutsche Olympische Sportbund nutzt dafür durchaus moderne Instrumente. Die Spitzensportförderung soll als Verantwortung des Bundes in einem Gesetz münden. Darüber hinaus strebt der DOSB eine repräsentative Datenerhebung zur Akzeptanz und Wahrnehmung des Leistungssports in der Gesellschaft an (Keil-Foto: Tilo Wiedensohler/VDS).
Erste Hausaufgaben wurden bereits verteilt und erledigt. Die Förderung und Steuerung des Leistungssports durch eine Spitzensport-Agentur umsetzen zu lassen, ist ein nachvollziehbarer Plan. Die Implementierung des Safe Sport Code weist ebenfalls in die richtige Richtung. Mit den genannten Plänen tauchen aber gleich die großen Fragezeichen auf. Wie sieht die Zukunft der Stützpunktstruktur aus? Wie soll der Nachwuchsleistungssport gefördert werden? Wann wird die Duale Karriere von Athletinnen und Athleten zu einem Kernpunkt der Förderung? Wann werden Trainerinnen und Trainer mit ihren Kompetenzen auf Augenhöhe eingebunden?
In diesem Reformprozess spielt die Politik eine gewaltige Rolle. Häufig ist deren Einflussnahme nicht nachvollziehbar. Teilweise stehen Interessen auf Lokal- und Länderebene dem Gesamtprozess im Weg. Eine Leistungssportreform braucht den Schulterschluss. Hier nur zwei Beispiele: Was nützt eine Sportschule, wenn das beteiligte Bildungsministerium keinen Spielraum bei der Unterrichtsgestaltung und Stundenplanung zulässt? Wie soll eine sinnvolle athletische Grundlagenausbildung erfolgen, wenn die Sportstätten in einem derart maroden Zustand sind, dass die Umsetzung moderner Trainingsmethoden Zukunftsmusik bleibt?
Durch die Deckelung der Ausgaben bei den öffentlich-rechtlichen Sendern fließt weniger Geld in den Sport
Derzeit ist das Vertrauen in sinnvolle und nachhaltige politische Entscheidungen nicht besonders groß. Kürzlich haben die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschlossen. Ein zentraler Punkt ist die Deckelung der Ausgaben für Sportrechte. Bislang hat die ARD in der nun auslaufenden Beitragsperiode etwa 240 Millionen Euro pro Jahr für Sportrechte ausgegeben. Dieser Betrag soll bei der Hälfte gedeckelt werden. Damit fließt weniger Geld in den Sport, denn es ist fraglich, ob kommerzielle Anbieter in diesem Umfang eintreten werden.
Zudem wird sich das Angebot von Bildern aus dem rechte-behafteten Spitzensport im Free-TV sicher nicht vergrößern, denn eine Refinanzierung von Rechte-Ausgaben ist dann eher über Bezahlangebote zu erwarten. Diese Einflussnahme der Politik darf man ideenlos nennen. Denn wenn sie schon Einfluss auf die Sportrechte-Ausgaben nimmt, dann hätte sie diese mit den Zielen für einen zukunftsfähigen Leistungssport unterlegen können. Denn eines ist klar: Der Spitzensport braucht die Öffentlichkeit. Mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde ein verlässlicher Player deutlich geschwächt.