Über den Einfluss von Medienpartnerschaften auf den Sportjournalismus

Gefährliche Nähe

04.03.2024

Kooperationen von Medien mit Vereinen und Verbänden sind im Sport gang und gäbe. Anhand von Beispielen aus Österreich schildert Felix Haselsteiner, dass sie dem Journalismus großen Schaden zufügen können. 

 

Es gibt gute und schlechte Nachrichten von den Super-Adlern. Stefan Kraft konnte am ersten Freitag im März beim Weltcup-Skispringen in Lahti geradeso noch einen Sturz verhindern, landete allerdings nur auf Rang 49, während Jan Hörl als Fünfter bester Österreicher wurde. So berichtete es die Krone, die als Aufmacherfoto eine Aufnahme von Kraft im Moment des Absprungs wählte. Zu sehen waren daher in gewohnter Manier und bestens all seine Sponsoren: der Nussschnitten-Hersteller Manner in voller Pracht, rosa auf dem Helm; die Volksbanken Raiffeisenbanken am Arm; Helm- und Brillenhersteller Uvex an Helm und Brille – und die Kronen Zeitung am Schienbein.

Nun ist weder bei Manner noch bei den Volksbanken Raiffeisenbanken und insbesondere nicht bei Uvex davon auszugehen, dass sie ihr Werbegesicht, den Weltcupführenden im Skispringen, allzu scharf für seine enttäuschende Platzierung in Lahti kritisieren. Sponsoren erfüllen im Sport eine wichtige Funktion, sie garantieren Athleten wie Kraft eine mittelfristige Karriereplanung und eine Sicherheit, die oft die Basis für den sportlichen Erfolg ist. Wie aber verhält es sich im Falle des Schienbeinsponsors?

Die Kronen Zeitung ist in gewisser Weise das Aushängeschild einer anderen Sphäre von Sponsoren, die in dieser Form im Sport eine absolute Sonderrolle einnehmen – und in vielen Fällen höchst kritisch zu sehen sind. Sogenannte Medienpartnerschaften sind auch in Deutschland weit verbreitet, aber nur selten so extrem anzutreffen wie im Falle der größten österreichischen Tageszeitung, die unter anderem mit dem Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) und dem Österreichischen Skiverband (ÖSV) eine besonders enge Kooperation pflegt.

Man könnte Artikel zählen und Analysen machen, es reicht allerdings auch ein täglicher Blick auf die Berichterstattung der Krone, um den Ton zu verstehen. Dass die Skispringer die "Super-Adler" sind, ist eine solche Auffälligkeit: Immer wieder werden sie als solche in Artikeln benannt. Und über lange Jahre zierten sie eine fast schon legendäre plakatierte Werbung mit ihren Konterfeis und dem Titel: "Wir halten zusammen. Die Krone und ich." Auch die alpinen Skifahrer, die ebenfalls mit der Krone auf dem Trikot im Weltcup unterwegs sind, dürfen sich Winter leisten, in denen der Rest der Medienwelt scharfe Kritik übt – ohne allzu harte Schlagzeilen befürchten zu müssen, für die die Boulevardzeitung eigentlich bekannt ist.

"Jeder weiß, dass die Krone mit Feindbildern arbeitet, nur im Sport tut sie das nicht. Viele Skandale werden verschwiegen. Man gaukelt den Österreichern eine heile Welt vor", beschrieb Robert Sommer vor einigen Jahren in der Investigativ-Zeitschrift Dossier einmal das Vorgehen des Krone-Sportteils. 35 Jahre hatte Sommer dort gearbeitet, drei Jahre als Ressortleiter, er kennt sich deshalb aus mit der langen Geschichte an fragwürdig unkritisch dargestellten Skandalen: Allen voran die Berichterstattung über die ÖSV-Dopingvergehen aus den Jahren 2002 (Salt Lake City), 2006 (Turin), 2014 (Sotschi) und 2019 (Seefeld) ist auffällig unkritisch und verbandstreu – und wirft damit bis heute ein schlechtes Licht auf den gesamten Journalismus (Screenshot Kronen-Zeitung: sj).

Das ist überhaupt in der Mehrheit der Medienpartnerschaften der Fall, die ganz unabhängig vom Ausmaß ein Problem darstellen. Das gilt nicht nur bei der Krone und dem Land Österreich, sondern auch bei Zusammenarbeit auf lokaler Ebene, wo sich kleine Zeitungen und kleine Sportevents absprechen und kooperieren. Das nagt allerdings an der Glaubwürdigkeit des Sportjournalismus, der genauso wie andere unter scharfer Beobachtung steht. Ob man es will oder nicht: Es ist nun einmal der Fall, dass im Zeitalter der sozialen Medien, wo Partnerschaften und Sponsoring die Basis des Geschäfts sind, die klassische Berichterstattung noch klarer, kritischer und distanzierter gegenüber den Institutionen auftreten muss, weil genauer hingesehen wird, wo Einflussnahme möglich ist.

Das gilt für den Sport- genauso wie für den Kultur- und Politikjournalismus: Alle gemeinsam sind zu größtmöglicher Achtsamkeit oder mindestens mehr Transparenz aufgerufen und dazu, sich auch unter finanziellem Druck nicht auf Klüngelei einzulassen. Für private Medien gilt dieses Mantra, insbesondere aber auch für öffentlich-rechtliche, die sich in der Vergangenheit auch schon Fehltritte leisteten, wie beim groß angelegten Radsport-Sponsoring der ARD zu Zeiten Jan Ullrichs.

Und auch hier zeigt das Beispiel Österreich, wohin die Reise nicht gehen sollte: Eine "Win-Win-Situation" sei die Partnerschaft zwischen ORF und ÖSV, hieß es 2021 in einer Aussendung anlässlich der Verlängerung. Dass ein gebührenfinanzierter Sender dem vielfach Korruptionsvorwürfen ausgesetzten, damals scheidenden ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel hinterherrief, er möge "auch nach dem Ende seiner Präsidentschaft seinen Sport im ORF bestmöglich aufgehoben" wissen, wirft durchaus Fragen auf.

Die Kern-Elemente des Journalismus gehen in solchen Partnerschaften allzu leicht verloren, weil man weiß, was man einander hat. Weil Journalisten von Zugängen profitieren, die ihnen das Leben leichter machen. Weil Vereine und Verbände mehr direkten Einfluss nehmen können als sie sollten. Weil Sätze geschrieben werden, wie in der Krone im Januar 2018, als gleichzeitig der Partner ÖSV Skandale aneinanderreihte und der Partner ÖFB einen Präsidenten unter Korruptionsverdacht hatte: "Manche ergötzen sich derzeit geradezu daran, die Mächtigen des österreichischen Sports angeschwärzt zu sehen oder das sogar selbst zu tun". Das schrieb die Krone damals – und beschrieb damit unfreiwillig den Auftrag, den man eigentlich an sie richten sollte.

Nicht im Sinne der Partnerschaften, sondern im Sinne der Öffentlichkeit.