Klub-Medien: Gegenwart und Zukunft

Mehr als nur eine Spielwiese

05.05.2025

Fußball-Bundesligisten betreiben einen immer größeren Aufwand für die Produktion eigener Medieninhalte. Frank Hellmann zeigt an den Beispielen Bremen und Frankfurt, welche Bedeutung diesem Bereich inzwischen beigemessen wird. 

 

Die Länderspielpause im März hat der SV Werder genutzt, um in Nostalgie zu schwelgen. Das Abschiedsspiel für Diego geriet zur Hommage an die besten Bremer Zeiten. Neben den 40.000 Menschen im Weserstadion verneigten sich auch die eigenen Klubkanäle. Mit einer Bildergalerie "Obrigado Magico" oder Bewegbild-Inhalten. Das Interview mit dem Brasilianer ("It was wonderful") oder die Highlights der Sause waren allerdings nur für Abonnenten von Werder TV zu sehen.

Ähnlich aufgebaut ist die Homepage von Eintracht Frankfurt. Jeder konnte in der spielfreien Phase das Video von der Eröffnung des Kletterwalds im Deutsche Bank Park oder den Beitrag zum ausgestellten Gehirn von Klublegende Karl-Heinz Körbel im Senckenberg Museum abrufen. Das längere Video über den Tag im Leben eines Fußballprofis anhand der Jungstars Can Uzun und Nene Brown gab es allerdings nur mit einem Zugang von "Eintracht TV" zu sehen - als kostenpflichtiges Angebote mit einem Plus-Zeichen versehen.  

Relevante Medieninhalte gegen Entgelt produzieren viele Fußball-Bundesligisten selbst. Der Aufwand wurde in den vergangenen Jahren verstärkt. In Bremen arbeiten 20 Personen über alle Bereiche PR/Corporate Communication und Content. Sechs sind allein in den vergangenen zwölf Monaten dazugekommen. Aktuell kümmert sich ein Dutzend Mitarbeiter um die Medienproduktion und -distribution, darin enthalten sind neben der Männer-Profimannschaft auch Inhalte der Frauen und des Leistungszentrums. (Foto Frankfurt TV: Screenshot sj/vds)

In Frankfurt ist die Abteilung Kommunikation und Medien, zu der auch die Bereiche Marke und Digitale Medien gehören, auf 28 Personen gewachsen – früher waren es fünf. Aus einer reinen Pressestelle ist eine multimediale Direktion geworden. Zehn weitere festangestellte Mitarbeiter arbeiten in einer Tochtergesellschaft (studio fiftynine) für die Medienproduktion. Während Werder dem Vernehmen nach eine Zahl im mittleren vierstelligen Bereich an Abonnenten für sein TV-Angebot hat, sind es bei der Eintracht rund 10.000. In Bremen kostet das Abo 3,99 Euro im Monat, in Frankfurt sind es 18,99 Euro pro Jahr.

Klubeigene Pay-TV-Sender sind nicht bloß eine Spielwiese. Während der unklaren Lage ob der TV-Rechte-Vergabe richtete der CEO des FC Bayern, Jan-Christian Dreesen, im Herbst vergangenen Jahres vorsorglich aus, der Branchenprimus sei technisch in der Lage, "unseren Fans in der ganzen Welt unsere Inhalte zur Verfügung zu stellen".

Solche Drohkulissen werden in Bremen und Frankfurt natürlich nicht errichtet. Der Zweck des Engagements? "Es dient natürlich in erster Linie der Fanbindung, und das große Plus ist, dass man zeitnah nach Abpfiff alle Spiele aus einer Werder-Perspektive in voller Länge oder die Highlights kurzfristig nach Abpfiff ansehen kann", erklärt Christoph Pieper, Werders Leiter Kommunikation. 

Information, Fanbindung und Unterhaltung nennt Jan Martin Strasheim, Direktor Kommunikation und Marke der Eintracht, als wichtige Faktoren. "Eintracht TV soll eine Ergänzung zu den klassischen Medien sein und in der digitalen Welt der Vielinformation die Sichtweise der Eintracht-Protagonisten wiedergeben." Die Klubmedien sind dabei, wenn trainiert, gespielt und geredet wird. Mit Text, Fotos und Videos. Interviews, Mixed Zonen und Pressekonferenzen werden begleitet – und das Material auch der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zur Verfügung gestellt.

Selbstredend sind eigene TV-Mitarbeiter gerade an Spieltagen voll auf Ballhöhe. Im Programm: Interviews, Highlights und das Spiel in Re-Live. Die Hanseaten bieten bei Heimspielen den VIP-Talk und – sobald die Rechte es erlauben – auch einen Nachbericht auf YouTube an. Bei den Hessen gibt es das Format "drüber gebabbelt". Was früher vielleicht nur eine Ergänzung zu klassischen Print- und Online-Angeboten war, ist heute eine ernstzunehmende Konkurrenz für Medienhäuser.

Die Kosten für die Produktion, etwa beim Dienstleister oder für die Anschaffungen von technischem Equipment, seien ungefähr gedeckt, heißt es bei den Vereinen. "Dadurch, dass die Unit aber nicht nur für Werder TV produziert, sondern unter anderem auch für Partner und Sponsoren Produktionen umsetzt und Content-Formate vermarktet sind, trägt der Bereich natürlich auch dazu bei, positive Zahlen zu schreiben und Vermarktungspotentiale zu optimieren", betont Pieper. Strasheim berichtet von einer "durchaus positiven Entwicklung" bei der Kosten-Nutzen-Rechnung. Die Bewegtbildkosten ließen sich über unterschiedliche Maßnahmen (Abo, Vermarktung über Reichweite etc.) refinanzieren.

Die Eintracht bietet noch Social-Media-Challenges, Social-Media-Clips, Homestorys, Reiseberichte rund um die internationalen Spiele, das Wochenmagazin "Im Herzen von Europa" oder Sponsorenformate an. "Die Ausspielung über die Social-Media-Kanäle ist seit den 2010er Jahren massiv gewachsen und bei den Ausspielformen immer der wichtigste Treiber und Indikator", heißt es bei Werder. Reels/Short-Videoinhalte über TikTok, Instagram oder auch YouTube würden am meisten geschaut.

Wie kritisch soll, darf oder kann der eigene Kanal sein? Pieper sagt: "Eine zu hundert Prozent objektive Berichterstattung können wir nicht gewährleisten. Es ist immer die Sichtweise des Vereins. Wir versuchen dennoch selbstkritisch zu sein und wollen dem Fan auch nichts vorgaukeln." Strasheim betont: "Er soll und muss kritisch sein. Ziel ist es aber nicht pseudokritische Fragen zu stellen, um kritischen Journalismus zur Schau zu stellen. Sondern die Sichtweise der Protagonisten ehrlich und offen zu besprechen und zu zeigen." Der größte Vorteil liege in der Vertrautheit zwischen Fragesteller und Akteur, um andere Perspektiven darzustellen.

Was kommt noch? Herausfordernd werde sicherlich der Umgang und die Verwendung von KI, gerade auch im Bereich Videocontent, heißt es in Bremen. In Frankfurt kommen in der neuen Saison noch neue Formate dazu. Die Eintracht TV+-Inhalte sollen aufgewertet und die Highlights sowie Re-Live-Spiele direkt aus dem Stadion mit stärkerer Eintracht-Färbung vertont werden. Man habe Eintracht TV als OTT-Plattform herausgebracht, was bislang als voller Erfolg zu werten sei.

Generell werden die Klubmedien noch an Bedeutung gewinnen. Auf einer Klausurtagung hat sich das DFL-Präsidium über verschiedene Zukunftsszenarien ausgetauscht. Es gibt keine Garantien, dass sich die Fernsehsender bei jeder Auktion immer wieder hochschaukeln. Die Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel haben offen bereits die Möglichkeit erwähnt, dass die DFL irgendwann ihr eigener Sender werden könnte. Sicher hilfreich, wenn einige Klubs bis dahin viel Erfahrung gesammelt haben.