Als kluger und feinsinniger Wortvirtuose hat Reif über Jahrzehnte hinweg Standards im Sportjournalismus gesetzt. Aber er ist nicht immer Sportjournalist gewesen. Seine Karriere startete er als politischer Journalist für das ZDF, das ihn auch nach London entsandte. Seine wahre Berufung sah Reif aber im Sport. Gefördert von seinem Mentor, dem ZDF-Sportchef Dieter Kürten, berichtete er über Fußball und Eishockey und wechselte 1994 als Chefkommentator zu RTL.
Unvergessen ist bis heute der Champions-League-Abend 1998 in Madrid, als Reif gemeinsam mit Co-Kommentator Günther Jauch mit großer Souveränität, Spontanität und Schlagfertigkeit eine 76 Minute lange Pause überbrückte, bis ein umgefallenes Tor repariert war. Als RTL 1999 die Senderechte an der Champions League verlor, wechselte Reif zu Premiere, dem heutigen Sky. 17 Jahre lang war Reif Skys erste und nachhaltige Sportstimme (Foto PEGASOS-Preise: metropress).
Anfang dieses Jahres wurde Marcel Reif dann die Ehre zuteil, als erster Sportjournalist im Rahmen des jährlichen Holocaust-Gedenktages im Bundestag zu reden. Der 1949 in Polen geborene Sohn eines polnischen Juden sprach am 31. Januar als Vertreter der zweiten Shoah-Generation zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Es war eine große, nachdenkliche und eindringliche Rede. An seine Zuhörer gewandt, sagte Reif: „Ich lasse Ihnen den kleinen wunderbaren Satz meines Vaters hier: Sej a Mensch, sei ein Mensch.“
„Prägnanter und eindringlicher hätte er seine Rede nicht beenden können. Wir freuen uns sehr, dass Marcel Reif an diesem geschichtsträchtigen 9. November den Sportmedienpreis auch für die Rede seines Lebens erhält“, sagen die Veranstalter – Verband Deutscher Sportjournalisten, Verein Frankfurter Sportpresse und metropress presseagentur. Der PEGASOS-Preis in der Kategorie „Sportmedien“ wird seit 2016 von VDS und VFS für herausragende Sportberichterstattung vergeben. ARD-Kommentator Tom Bartels war erster Preisträger, es folgten Reuters-Fotograf Kai Pfaffenbach, HR-Redakteur Daniel Weiss und Moderator Gerhard Delling. 2020 musste der Ball wegen der Corona-Pandemie aussetzen.
2021 ging der Sportmedienpreis an Pferdesportkenner Carsten Sostmeier und 2022 an den ARD-Reporter Jens Jörg Rieck. Vergangenes Jahr wurde Sabine Töpperwien ausgezeichnet. Sie war 1989 die erste Journalistin, die eine Live-Übertragung eines Fußballspiels im Fernsehen kommentierte, und wurde damit zu einem echten Vorbild für etliche Reporterinnen. Die diesjährigen PEGASOS-Preisträger*innen in den Kategorien „Legende des Sports“ (Dressurreiterin Isabell Werth) und „Sportler mit Herz“ (Para Weitspringer Markus Rehm) waren bereits im Vorwege des erstmals von Florian König moderierten 42. Deutschen SportpresseBalls bekannt gegeben worden.
vds/met